Die nachfolgenden Zeilen wurden niedergeschrieben am 27.12.95 um 23.45 Uhr in einem Anflug von Übermut, von Lebenslust und Freude.
Nicht frei ist, wer nicht wie des Adlers Schwinge fühlt …
Es gab Zeiten, da war mein Herz hinter Mauern aus Angst verborgen, und nur die Worte aus dieser Feder konnten dem Gefängnis entrinnen. Ich war gefangen.
Es gab Zeiten, da waren die Worte verstummt, das Herz gebrochen, die Feder vertrocknet. Ich war gefangen.
Es gab eine Zeit, da kehrten die Worte wieder, zerstörten die Mauern, die Feder focht gegen unsichtbare Dämonen. Jedes Wort auf diesem Papier wurde niedergeschrieben gleich Nägeln, die von schweren Hämmern in Eichenholz getrieben wurden um dort auf ewig zu bleiben. Jedes Wort ist ein Stein aus der Mauer, für immer an das Papier gefesselt, für immer von mir genommen. Ich bin nur nicht länger gefangen.
Doch wer könnte von sich sagen die Freiheit zu kennen, der nicht weiß wie des Adlers Schwinge fühlt doch am Firmament, wenn die Winde sich an ihr brechen, wenn Thermik und Strömung ihr Auftrieb geben hoch hinauf zu steigen, wenn Zartheit und Schönheit den Gewalten der Stürme widersteht.
Wer ist frei, der nicht weiß, wie der Mäuse Barthaar fühlt, wenn sie durch dunkle Gänge hetzt, verfolgt von den glühenden Augen der Katze dem Tode gewiss und doch unerreichbar für des Jägers Krallen geboren im Schutze der Schlauheit, wissend, wo die Gefahr lauert und ihr entgeht.
Nicht frei ist, wer nicht der Wolken Reisen kennt, gesehen, was sie gesehen, gewesen, wo sie gewesen, im Geiste mit ihnen die Welt umrundet hat und doch zuhause bleib, wer nicht als Regentropfen vom Himmel fiel um über Bäche und Flüsse zum Meer zu gelangen, um durch der Fische Kiemen und der Stürme Wellen zu reisen, um zu den Wolken emporzusteigen.
Wer kann frei sein, der nicht den Gang der Zeit bestimmt, den Lauf der Dinge kontrolliert, Gestern im Heute und Morgen im jetzt erscheint, Dinge zu tun die waren – oder auch nicht – oder sein werden?
Nicht frei ist, wer nicht das Leben lebt wie ihm gegeben, sich zu verstecken hat wenig Sinn, wenn das Versteck nur ein unsichtbarer Mantel ist und dahinter lauert, was ist davor?
Wer kann frei sein, wenn er es nicht will?
Nicht frei ich kann sein, wenn mein Herz ich verstecken muss, nicht frei ich bin, wenn ich ICH nicht bin.
Nicht frei, wenn ich nicht wie des Adlers Schwinge fühl’ …
Jänner 2013: Wir können lange, sehr lange verstecken, wer wir sind. Doch es wird immer Momente geben, da sich die “Wahrheit” ihren Weg an die Oberfläche bahnt – so geschehen im Dezember 1995. Die Freiheit, im Geist zu sein wer wir sind, ist wohl jene Freiheit, die uns niemand nimmt – und die wir dennoch aufgeben, Tag für Tag, um zu sein, wer wir nicht sind. Dann leben wir. Doch LEBENDIG sind wir erst, wenn wir der Lebenslust in uns Raum geben.
September 2019: In den vorangegangenen Beiträgen habe ich immer wieder über Fraktale sinniert. Das Konzept der Freiheit – was auch immer jeder für sich selbst darunter versteht – begleitet mich als Fraktal schon mein Leben lang. Im Dezember 2015 fand einer der größten Umbrüche meines Lebens statt – und ich schrieb über Freiheit. Im Mai 2013 kam es zu dem finalen Showdown, der sich bereits im Jänner abzuzeichnen begann. Heute denke ich wieder über Freiheit nach. Was wird wohl in den nächsten Wochen und Monaten geschehen? Ich bin schon gespannt, wohin es mich diesmal führen wird.