Ich habe ein intensives Schreibwochenende hinter mir. Das löst einerseits tolle Gefühle wie Zufriedenheit und Freude aus. Ein wenig Stolz ist auch dabei. Gleichzeitig verändert es auch den Blick auf die Vergangenheit. Interessanterweise wird dieser weniger kritisch, mehr versöhnlich. Ganz so, als würde ich mir selbst auf die Schulter klopfen und sagen: „Hey, schau mal, das alles hat es gebraucht, damit du heute tun kannst, was du tust. Gewiss, vieles davon war nicht einfach und manches hättest du dir lieber erspart, aber letztendlich bist du heute hier und es geht dir gut. Nur das zählt.“
Wenn ich dann zwischen nachdenklicher Sentimentalität und einem Hauch von Melancholie taumle, greife ich öfters in die (digitale) Schublade meines Schaffens und grabe etwas Altes aus. Meistens aus dem Jahr 1996. Damals war ich Single und schrieb Gedichte. Sehr romantische Gedichte. Damals war ich verliebt, aber nicht in einen Mann, wie ich mir angestrengt versuchte einzureden, sondern in das Leben. Und in gewisser Weise auch in mich selbst, denn ich war allein, musste mein Fühlen und Denken an niemanden anpassen. Dabei blitzte für einige Zeit durch, was seit Beginn an in mir schlummerte: mein romantischer Drache, wie ich diesen Teil von mir gerne nenne. Der Drache verschwand wieder in der Dunkelheit meines Unterbewusstseins, als ich nicht mehr allein war. Er kehrte erst zurück als ich bereit war, auch an der Seite eines anderen Menschen ich selbst zu sein und nicht länger der Versuch der Verkörperung meiner Annahme dessen, was der andere wohl von mir erwarten würde und akzeptieren könnte …
Mein romantischer Drache kehrte zurück als ich bereit war, ich selbst zu sein.
Hier eine kleine Kostprobe, wie romantisch mein Drache sein kann. Ich finde, das ist ein guter Start in die Woche. Ein wenig Romantik als Gegenpol zu stressigen Montagmorgen-Gedanken. Daran könnte ich mich gewöhnen …
Das Lächeln des Mondes
Hab ich dir je erzählt,
dass der Mond lächelt,
wenn eine Sternschnuppe über den Himmel zieht?
Hab ich dir je erzählt,
dass hinter jedem Spiegel
eine unbekannte Welt auf uns wartet?
Hab ich dir je erzählt,
dass du nur deine Augen schließen musst,
und vor dir liegt das Reich deiner Fantasie,
die Welt am Ende des Regenbogens?
Hab ich dir je erzählt,
dass Gedanken reisen können
wie Vögel im Wind, wie Sonnenstrahlen,
und jeder findet sein Ziel?
Hab ich dir je erzählt,
dass wir frei sind, wenn wir es wirklich wollen,
wenn wir uns über unsere eigenen Grenzen hinweg erheben
um zu sein, was wir schon immer sein wollten?
Hab ich dir je erzählt,
dass wir alle nur kleine Räder sind in der großen Maschine des Lebens,
Sandkörner im Glas der Ewigkeiten, und doch – gäbe es einen von uns nicht,
wäre diese Welt nicht so wie sie ist.
Hab ich dir je erzählt,
dass es einen großen Fluss, einen Strom gibt, der uns alle mit sich führt,
und irgendwann irgendwo an Land spült, für einen kurzen Augenblick,
um uns sofort wieder auf die Reise mitzunehmen,
und oft bleibt uns nur ein Moment,
um aufzusehen,
und zu erkennen,
wo wir sind,
und wer bei uns ist.
Hab ich dir je erzählt,
dass wir Gefährten sind auf der endlosen Reise des Lebens,
vom Anfang aller Dinge bis zum Ende allen Denkens –
und darüber hinaus – verbunden durch das Leben.
Hab ich dir je erzählt,
dass es Zauberei und Magie wirklich gibt,
dass manche sie ganz einfach Liebe nennen,
und genauso wenig erklären können?
Hab ich dir je erzählt,
dass ich dich liebe –
und dass der Mond lächelt,
wenn ich an dich denke?
© Lesley B. Strong