DAS HEB‘ ICH MIR FÜR EINEN BESONDEREN ANLASS AUF …

Wie oft habe ich mir das schon gedacht – und bin damit sicherlich nicht allein. Von Zeit zu Zeit hinterfrage ich diese Aussage, aber bis zu einer Verhaltensänderung hat es dann doch nicht gereicht. Bis jetzt. Vor ein paar Tagen brachte mich ein Telefonat ins Grübeln.

Eine Bekannte sagte kurzfristig eine Verabredung ab, weil jemand in ihrer Familie gestorben war. Unerwartet verstorben. Genauer: vom Abendessen aufgestanden als wäre nichts und eine Stunde später war die Person tot. Kein Unfall, keine akute Erkrankung, nur ein paar Wehwehchen, die wohl viele im Pensionsalter haben. Aber nichts, was ein jähes Ableben vermuten ließe. Ein Schock fürs Umfeld.

Meine Großmutter starb auf ähnliche Weise. Nach einem Ausflug ging sie in ihr Zimmer, fiel um und war tot. Sie wurde 83, hatte ihr Leben weitgehend hinter sich. Eine angeheiratete Cousine von mir kam von einem Nachmittagskaffee nicht mehr nach Hause. Sie war erst in den 40ern. Und meinen Cousin ereilte das Schicksal des unerwarteten Todes mit 18.

Sie alle haben vermutlich – ebenso wie ich – das eine oder andere „für einen besonderen Anlass“ aufgehoben. Sei es ein Kleidungs- oder Schmuckstück, das wohl verpackt im Kasten oder einer Schublade ruht. Sei es eine Flasche Wein, ein Parfum … oder was auch immer als so wertvoll erachtet wird, dass es auf einen besonderen Anlass warten darf/muss.

Und wenn dieser Augenblick nie kommt?

Was, wenn man im Trubel des Alltags viele wunderbare Momente vorbeiziehen lässt, auf den einen besonderen wartend, und dann schlägt das Schicksal zu und man wird der Chance beraubt, jemals wieder etwas zu erleben?

Verschiebe nicht auf morgen, was du dir (und anderen) heute Gutes tun kannst.

Egal, ob einen Spaziergang, eine Muse-Stunde, leckeres Essen, eine Liebeserklärung, … wenn es hier und heute Platz findet, dann darf es sein, auch an einem stinknormalen Tag, an dem so gar nichts besonders ist. Jeder von uns hat nur dieses eine Leben (nach der aktuellen wissenschaftlichen Beweislage) und niemand von uns weiß, wie viele Jahre, Monate, Wochen, Tage, Stunden noch vor einem liegen. Warum also das zurückhalten, was hier und jetzt Freude bereiten kann?

Angeblich bereuen sterbende Menschen weniger das, was sie getan haben, also das, was sie nicht getan haben. Ihre Versäumnisse, die sie nie wieder aufholen können. Die Aussprachen, die sie nicht mehr führen können.

Aber wer denkt schon übers Sterben nach? Wer bereitet sich vor?

Viele Jahre hatte ich Angst davor, übers Sterben nachzudenken. Irgendwann akzeptierte ich, dass man dem Lauf des Lebens nicht entkommen kann. Seither setze ich mich bewusst mit meiner Sterblichkeit auseinander, mit der Endlichkeit des Lebens, wie ich es kenne. Mit dem, was ich noch tun möchte in der mir verbleibenden Zeit. Mit dem, was ich für besondere Anlässe aufhebe … und ob nicht hier und jetzt genau dieser besondere Augenblick ist.

Seit ich den Tod nicht mehr fürchte, empfinde ich meine Lebensfreude intensiver als zuvor. Ich versuche, möglichst wenig Momente zu verschwenden mit unnötigem Ärger über Unveränderliches, und stattdessen so oft wie möglich aus dem Herzen heraus zu leben. Weniger denken, mehr fühlen. Im Alltäglichen das Besondere zu entdecken. Einfach lebendig zu sein im hier und jetzt, denn genau dieser Augenblick ist besonders und wird niemals wiederkehren. Deshalb verdient es dieser Augenblick – so wie jeder andere auch – gefeiert zu werden.

LEBE JETZT – wer weiß schon, was morgen sein wird.

LEBE, denn du wurdest geboren, um lebendig zu sein, deine Lebensfreude mit anderen zu teilen und dieser Welt eine Facette hinzuzufügen, die es ohne dich nicht gäbe.

LEBE in diesem besonderen Augenblick.

Bild: pixabay.com

Impulse für DEIN bewusstes Leben (Tageskongress)

Am 12. November darf ich als Speakerin beim Tageskongress „Impulse für DEIN bewusstes Leben“ einiges erzählen😊

Mein Thema lautet „Krisen überwinden“ und hier kommt ein kleiner Vorgeschmack:
https://www.youtube.com/watch?v=pJfrCwlwtwc
#bewussteneuewelt

Mehr zum Tageskongress und den Speaker*innen findest du hier

https://bewussteneuewelt.jetzt/impulse-fuer-dein-bewusstes-leben/

WIR Speaker*innen freuen uns auf DICH 💛

VON DER AUSSENSEITERIN ZUM ROLE MODEL

Diese vergangene Woche war ziemlich turbulent. Gleichzeitig sind spannende neue Ideen und Projekte entstanden. Eine echte Power-Woche. Ein Ereignis sticht für mich aus der Masse hervor. Oder besser gesagt: eine Aussage.

Vor einigen Tagen sprang ich für eine Kollegin ein, übernahm ihre Gruppe. Das Thema waren Zukunftsbranchen und die eigene (berufliche) Rolle in der Zukunft.

Ich muss hier festhalten, dass ich eine sehr leidenschaftliche Trainerin bin, gerne Schwellendidaktik betreibe und dabei eine Menge Spaß habe, mit dem, was aus einer Gruppe kommt, zu arbeiten. Wenn es dann noch um Zukunft und Entwicklung geht, bin ich in meinem Element, die Teilnehmenden zu motivieren, schlummernde Potenziale auszuloten, lang gehegte Träume aus der Schublade zu holen und auf Realisierbarkeit zu durchleuchten. An diesem Nachmittag fiel das Wort Role Model. Auch am darauffolgenden Tag meldete die Gruppe meiner Kollegin rück, ich wäre ein Role Model für sie.

Was bedeutet das, ein Role Model zu sein?

Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, dann erinnere ich den ersten Tag eines Schuljahres. Wir bezogen eine neue Klasse. 18 Schüler*innen, eine gerade Anzahl. 10 Zweierbänke. Ich saß in Bank rechts vorne, gleich neben der Tür – und niemand wollte sich neben mich setzen. Auch nicht an den folgenden Tagen. Oder Jahren.

Ich war eine Außenseiterin, der man aus dem Weg ging.

Ich war anders. Nicht äußerlich, aber in meinem Verhalten. Im Fühlen. Die anderen konnten es sicherlich nicht bewusst benennen, aber sie spürten es – und verhielten sich entsprechend.

Viel Zeit ist seither vergangen.

Heute werde ich also als Role Model gesehen. Die Menschen, die mir diese Anerkennung zukommen ließen, wissen nicht, durch welche Krisen ich ging – aber sie scheinen zu spüren, dass da eine vor ihnen steht, die ganz genau weiß, wovon sie spricht. Keine leere Worthülsen. Wenn ich sage, dass in jedem ein Potenzial steckt, das entfaltet werden kann, dann ist das meine volle Überzeugung, geboren aus der Erfahrung, einst selbst eine ausgegrenzte Außenseiterin gewesen zu sein, die ihre Potenziale heute lebt.

Was bedeutet es für mich, als Role Model gesehen zu werden?

Es erfüllt mich mit Freude, mit Dankbarkeit, bringt mich zum Schmunzeln, weil ich mich überhaupt nicht besonders fühle. Anders, ja, eigenwillig mitunter. Aber nachahmenswert? Wenn es etwas gibt, dass man an mir nachahmen sollte, dann ist das meine konsequente Suche nach Lösungen sowie die Kreativität, die ich dabei an den Tag lege. Und vielleicht noch meinen Humor, über mich selbst lachen zu können, wenn’s mal nicht so klappen will, wie ich mir das vorgestellt habe.

Andere sehe mich als Role Model. Ich selbst sehe mich – nein, nicht länger als Außenseiterin – eher [nicht] ganz alltäglich.

Will ich ein Role Model sein?

Jein. Andere zu inspirieren, neue Wege und Lösungen für sich zu finden, ist eine starke Antriebsfeder in meiner Arbeit. ABER (absichtlich großgeschrieben) für mich liegt auch eine Herausforderung in dieser Role, zumindest wenn ich direkt mit Menschen zu tun habe. Diese Herausforderung hat 6 Buchstaben: GEDULD.

Ich habe meinen Weg gefunden, mit einigen Umwegen und Verirrungen zwar, aber dennoch bin ich angekommen – an einer Zwischenstation, denn mein besserwisserisches Ego ist noch sehr lebendig, neigt dazu, effizientere Wege zu erkennen als die betreffenden Personen für sich festlegen. Nicht einzugreifen (solange keine Gefahr droht), und Menschen ihre eigenen, fallweise umständlichen Lernschritte machen zu lassen, kann mitunter enervierend sein. Es ginge ja anders, aber ich übe mich in Geduld – manchmal etwas zähneknirschend und augenrollend.

Das Role Model hat noch einiges zu lernen – und das ist gut so 😉

Bild: pixabay.com

WENN DIE SEELE SCHREIT

Vor wenigen Tagen feierte ich meinen 5. Geburtstag als Lesley. Ein passender Anlass, ein wenig über das DAVOR zu reflektieren. Immerhin wandelt meine Person bereits seit über 5 Jahrzehnten über diesen Planeten.

Zu den intensivsten Erinnerungen aus der Zeit VOR Lesley gehört der allgegenwärtige Schmerz. Jahrlange spürte ich diffuse Schmerzen an und in meinem Körper. Mal hier, mal dort, ohne dass die Ärzte eine Ursache finden konnten. Aus meinem Umfeld musste ich mir so einiges dazu anhören. Ich wäre hypochondrisch, würde Drama spielen, solle nicht so empfindlich sein, anderen ginge es schlechter, immerhin fehle mir ja nichts …

Heute weiß, was wirklich mit mir los war.

Wenn die Seele schreit, ist das Schlimmste nicht der Schmerz selbst, oder dass er nicht zuordenbar ist, sondern die Ignoranz derer, von denen man Verständnis erwartet – oder gar Hilfe.

Es mag Menschen geben, deren Seele nie schreit. Oder die es nicht hören. Oder spüren. Bei manchen geht der Selbstschutz so weit, dass sie nichts an die Oberfläche des Bewusstseins durchlassen können. Aber es gibt auch die anderen, die spüren ohne Ende, die davon überrollt werden und Halt suchen, um sich selbst nicht vollends zu verlieren in dem emotionalen Strudel.

Wenn die Seele schreit, braucht es im ersten Ansatz weder Erklärungen noch Anleitungen, und schon gar keine Bewertungen, sondern zwei Arme, die sich öffnen, auffangen und halten. Eine Aufgabe, die oftmals nicht einfach gemacht wird von denen, deren Seele schreit, denn die haben meistens gelernt, niemand zu vertrauen, stoßen mitunter jene von sich, die helfen wollen.

Ähnlich der Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei da war, gibt es auch hier keine Antwort darauf, wann wir als Menschen verkompliziert haben, Hilfe zu geben – oder sie anzunehmen.

Meine Seele schrie viele Jahre lang. Heute tut sie das nur noch ganz selten. Manchmal für einen kurzen Augenblick, wenn mein Fühlen in die Vergangenheit zurückfällt. Dann kehrt kurzzeitig eine Art von Schmerz zurück, die sich ganz anders anfühlt als ein gebrochener Zeh oder eine Migräne aufgrund von exzessivem Arbeiten am Bildschirm. Oder ein verdorbener Magen, Zahnschmerzen…

Der Schmerz der Seele ist anders. Da ich ihn weder bei mir noch meinen Leser:innen heraufbeschwören möchte, unterlasse ich an dieser Stelle eine detaillierte Schilderung. Ich denke, die meisten haben ihre eigene Erfahrung damit gemacht. Wichtiger ist mir, was meiner Seele Linderung verschaffte, um nicht zu sagen: Heilung. Das war und ist Lesley. Jene Identität, in der ich uneingeschränkt sein kann, wer ich bin. Keine Rolle. Lesley ist viel mehr. Die Gesamtheit meiner Persönlichkeit, alle meine Anteile, alles, was ich bin, je war und je sein werde.

Nach meiner Ansicht spiegelte der Schmerz in meiner Seele meine innere Zerrissenheit wider; die Selbstablehnung; meine (erfolglosen) Versuche, zu sein, wie andere mich haben wollten; meinen Verrat an mir selbst; Verantwortlichkeiten, die ich auf meine Schultern lud und die zu anderen Mitgliedern meiner Familie gehörten; Schuldgefühle, die ich übernahm, …

Meine Seele schrie – und es dauerte viele Jahre, bis ich ihre Stimme hörte, die Botschaft verstand, auf mich selbst zu achten begann.

Wie wäre wohl mein Lebensweg verlaufen, hätte mein Umfeld anders reagiert, hätte ich Hilfe bekommen? Darüber möchte ich nicht spekulieren, das wäre für mich Zeitverschwendung, weil es ist, wie es ist. ABER ich frage mich, ob und welchen Beitrag ich leisten kann, um in der Zukunft die Wege anderer zu erleichtern? Einer meiner Beiträge ist es, offen über meine Erfahrungen zu berichten. Vielleicht erkennt sich jemand darin wieder. Oder entdeckt für sich eine Antwort. Was der Seele Schmerzen bereitet, unterscheidet sich nicht sonderlich. Wir alle sind Menschen, berührbar, verwundbar.

Für diesen Blog habe ich einige Zeit nach einem passenden Bild gesucht. Suchbegriffe wie „Schrei“ oder „Schmerz“ führen zu Ergebnissen mit einer Menge Trigger-Potenzial. Deshalb entschied ich mich für ein Bild, das für mich einerseits Verwundbarkeit (einmal tief ausatmen genügt, um eine Kerzenflamme auszulöschen) als auch Geborgenheit (haltende Hände) vermittelt.

Bildquelle: pixabay.com

WENN DIE SEELE SCHREIT

Vor wenigen Tagen feierte ich meinen 5. Geburtstag als Lesley. Ein passender Anlass, ein wenig über das DAVOR zu reflektieren. Immerhin wandelt meine Person bereits seit über 5 Jahrzehnten über diesen Planeten.

Zu den intensivsten Erinnerungen aus der Zeit VOR Lesley gehört der allgegenwärtige Schmerz. Jahrlange spürte ich diffuse Schmerzen an und in meinem Körper. Mal hier, mal dort, ohne dass die Ärzte eine Ursache finden konnten. Aus meinem Umfeld musste ich mir so einiges dazu anhören. Ich wäre hypochondrisch, würde Drama spielen, solle nicht so empfindlich sein, anderen ginge es schlechter, immerhin fehle mir ja nichts …

Heute weiß, was wirklich mit mir los war.

Wenn die Seele schreit, ist das Schlimmste nicht der Schmerz selbst, oder dass er nicht zuordenbar ist, sondern die Ignoranz derer, von denen man Verständnis erwartet – oder gar Hilfe.

Es mag Menschen geben, deren Seele nie schreit. Oder die es nicht hören. Oder spüren. Bei manchen geht der Selbstschutz so weit, dass sie nichts an die Oberfläche des Bewusstseins durchlassen können. Aber es gibt auch die anderen, die spüren ohne Ende, die davon überrollt werden und Halt suchen, um sich selbst nicht vollends zu verlieren in dem emotionalen Strudel.

Wenn die Seele schreit, braucht es im ersten Ansatz weder Erklärungen noch Anleitungen, und schon gar keine Bewertungen, sondern zwei Arme, die sich öffnen, auffangen und halten. Eine Aufgabe, die oftmals nicht einfach gemacht wird von denen, deren Seele schreit, denn die haben meistens gelernt, niemand zu vertrauen, stoßen mitunter jene von sich, die helfen wollen.

Ähnlich der Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei da war, gibt es auch hier keine Antwort darauf, wann wir als Menschen verkompliziert haben, Hilfe zu geben – oder sie anzunehmen.

Meine Seele schrie viele Jahre lang. Heute tut sie das nur noch ganz selten. Manchmal für einen kurzen Augenblick, wenn mein Fühlen in die Vergangenheit zurückfällt. Dann kehrt kurzzeitig eine Art von Schmerz zurück, die sich ganz anders anfühlt als ein gebrochener Zeh oder eine Migräne aufgrund von exzessivem Arbeiten am Bildschirm. Oder ein verdorbener Magen, Zahnschmerzen…

Der Schmerz der Seele ist anders. Da ich ihn weder bei mir noch meinen Leser:innen heraufbeschwören möchte, unterlasse ich an dieser Stelle eine detaillierte Schilderung. Ich denke, die meisten haben ihre eigene Erfahrung damit gemacht. Wichtiger ist mir, was meiner Seele Linderung verschaffte, um nicht zu sagen: Heilung. Das war und ist Lesley. Jene Identität, in der ich uneingeschränkt sein kann, wer ich bin. Keine Rolle. Lesley ist viel mehr. Die Gesamtheit meiner Persönlichkeit, alle meine Anteile, alles, was ich bin, je war und je sein werde.

Nach meiner Ansicht spiegelte der Schmerz in meiner Seele meine innere Zerrissenheit wider; die Selbstablehnung; meine (erfolglosen) Versuche, zu sein, wie andere mich haben wollten; meinen Verrat an mir selbst; Verantwortlichkeiten, die ich auf meine Schultern lud und die zu anderen Mitgliedern meiner Familie gehörten; Schuldgefühle, die ich übernahm, …

Meine Seele schrie – und es dauerte viele Jahre, bis ich ihre Stimme hörte, die Botschaft verstand, auf mich selbst zu achten begann.

Wie wäre wohl mein Lebensweg verlaufen, hätte mein Umfeld anders reagiert, hätte ich Hilfe bekommen? Darüber möchte ich nicht spekulieren, das wäre für mich Zeitverschwendung, weil es ist, wie es ist. ABER ich frage mich, ob und welchen Beitrag ich leisten kann, um in der Zukunft die Wege anderer zu erleichtern? Einer meiner Beiträge ist es, offen über meine Erfahrungen zu berichten. Vielleicht erkennt sich jemand darin wieder. Oder entdeckt für sich eine Antwort. Was der Seele Schmerzen bereitet, unterscheidet sich nicht sonderlich. Wir alle sind Menschen, berührbar, verwundbar.

Für diesen Blog habe ich einige Zeit nach einem passenden Bild gesucht. Suchbegriffe wie „Schrei“ oder „Schmerz“ führen zu Ergebnissen mit einer Menge Trigger-Potenzial. Deshalb entschied ich mich für ein Bild, das für mich einerseits Verwundbarkeit (einmal tief ausatmen genügt, um eine Kerzenflamme auszulöschen) als auch Geborgenheit (haltende Hände) vermittelt.

Bildquelle: pixabay.com

EIN MAGISCHER AUGENBLICK

Das Leben liefert doch die wunderbarsten Geschichten. Diese hier hat sich vor wenigen Tagen zugetragen. Ich traf mich mit einer Bekannten, um über zukünftige, gemeinsame Projekte zu sprechen … und fand mich innerhalb von Minuten in einer veritablen Lebenskrise wieder. Zwar nicht meiner eigenen, nichtsdestotrotz mittendrin.

Ohne zu zögern, wechselte ich in die Rolle als Coach. Wenn jemand mir sein Herz ausschüttet und nicht weiterweiß, ist das fast schon ein Reflex bei mir. Ich beginne zu beobachten, sehr genau hinzuhören, mich einzufühlen. Menschen, die in Lebenskrisen stecken und von sich sagen, sie wüssten nicht weiter, wissen es – meiner Erfahrung nach – sehr wohl, nur eben nicht bewusst, sondern unbewusst. Sie schreien die Lösung gewissermaßen sogar aus sich heraus, ohne sie selbst hören zu können. Das Unterbewusstsein schickt die Botschaft an die Oberfläche, nur wenig eindeutig, schwer erkennbar, meist kryptisch. Doch wer zwischen den Zeilen liest, erkennt, was jener Mensch in diesem Augenblick braucht, um wieder Zuversicht und das Vertrauen in sich selbst zu gewinnen, um aus der Opferrolle auszusteigen und seine Möglichkeiten zu erkennen.

Es gibt immer Möglichkeiten!

Wir leben in einem dualen Universum. Wie bereits einige kluge Köpfe vor mir festgestellt haben: Ein Problem existiert nie getrennt von seiner Lösung. Die Herausforderung liegt daran, seinen Fokus vom Problem abzuwenden bzw. auszuweiten, um die Lösungen (und es sind stets mehrere) wahrnehmen zu können.

Zurück zu meinem ungeplanten Coaching.

Im Grunde tat ich nicht viel mehr, als jene subtilen, verschlüsselten Botschaften in eine verständliche Form zu bringen und sie zurückzuspielen. Wer das schon mal erlebt hat, kennt die Magie dieses besonderen Augenblicks, wenn in einem Gesicht voller Sorgenfalten, über das sich Schwere und der Schatten der Hoffnungslosigkeit gelegt hatte, plötzlich die Augen zu leuchten beginnen, der Schatten sich auflöst, eine gesunde Gesichtsfarbe zurückkehrt und sich Zuversicht in der Mimik wiederfindet. Wer ganz genau hinsieht, erkennt vielleicht sogar, dass die Wirbelsäule sich aufrichtet, die Schultern den Ballast abwerfen und die Füße kraftvoll nebeneinanderstehend diesen Menschen erden. Wer gut hinhört, wird Veränderung in der Tonlage bemerken, auch im Aufbau der Sätze. Empathisch verlangte spüren dann, dass etwas Wunderbares geschieht.

Ein wahrhaft magischer Moment, indem ich zutiefst dankbar bin, für meinen Dämon, der mir diese nuancierte Wahrnehmung – insbesondere der Emotionen meines Gegenübers – ermöglicht, und meinen Lehrmeister*innen, die mich darin unterrichteten, mit meiner Gabe gut umgehen zu können. Sehr genau zu beobachten, kann man lernen. Den anderen zu spüren, wohl auch, aber für mich als Borderlinerin galt es zu lernen, das auszuhalten, was ich spüre, es von meinen eigenen Emotionen zu unterscheiden, und mir bewusst zu sein, dass ich ebenso aussende. Und – um dem Ganzen ein Krönchen aufzusetzen – den Schmerz in mir in Lebensfreude zu transformieren, um authentisch meine Botschaft in die Welt zu tragen.

Als ich mich vor einigen Jahren aus dem Coaching zurückzog und aufs Schreiben von Geschichten konzentrierte, tat ich das auch, weil ich nicht in den Wettbewerb mit anderen Coaches treten wollen, die allesamt um Kundschaft buhlen und sich selbst in den schillerndsten Farben darstellen, was sie nicht alles wüssten und könnten und versprechen. Ein Schlachtfeld hochtrainierter Egos, auf dem ich mich partout nicht wiederfinden wollte. Das ist nichts für mich.

Seither coache ich nur, wenn sich meine Wege mit einem Menschen kreuzen, der in diesem Moment des Zusammentreffens auf der Suche ist und mich nach dem Weg fragt. Dann höre ich zu, beobachten, fühle mich ein, und übersetze, was ich wahrnehme. Manchmal werden daraus Geschichten, manchmal Gedichte, und hin und wieder leuchtende Augen, wenn dieser Mensch mir gegenübersitzt und erkennt, was längst schon da ist, in jenem magischen Augenblick, in dem ich der Spiegel sein darf, wenn eine Erkenntnis wie ein Tropfen die Oberfläche des Bewusstseins berührt und beginnt, ihre konzentrischen Kreise ins Leben zu senden …

Bild: pixabay.com

WORUM ES WIRKLICH GEHT IM LEBEN (1)

Da war er wieder, dieser Aha-Moment, der mir immer wieder irgendwo und irgendwann, wie aus dem Nichts begegnet. Diesmal war es eine Doku über die Welt im Jahr 1.000 n.Chr. Da wurde von Menschen berichtet, die aufbrachen, Neuland zu entdecken. Andere wollten ihr Wissen ausweiten und forschten in den unterschiedlichsten Gebieten. All die wesentlichen Dinge des Lebens … Interessanterweise – und das zieht sich durch die viele Dokus, die ich bereits gesehen habe – es findet sich darin kaum jemand, der aufbrach um ein besserer Mensch zu werden.

Keine Sorge, ich fange hier nicht an zu moralisieren. Der Terminus „besserer Mensch“ hat für mich nichts damit zu tun, wie oft ich eine gute Tat vollbringe, etwas an Hilfsorganisationen spende, die Welt rette oder allgemein „besser bin als andere“. Sich mit anderen zu vergleichen bedeutet in der Regel letztendlich nur, dass mindestens eine Person sich schlechter fühlt, weil unzureichend.

Mein Vergleich „besserer Mensch“ bezieht sich auf das, was ich war, als mir erstmalig bewusstwurde, dass ich es bin, die mein (Er)Leben der Realität verursacht, mit allem, was dazugehört. Es ist quasi die optimierte Version meines Ich. Wobei – hier gilt es Vorsicht walten zu lassen. Allzu oft werden dabei Ziele angestrebt, die nichts mehr mit einem selbst zu tun haben, sondern irgendwelche künstlichen Ideale verkörpern, die weder erreichbar noch im Alltag gesund sind – oder beides.

Mein besserer Mensch ist jene reife, ein- und weitsichtige Version, die erkennt, wenn das intrapersonelle Drama zum Einsatz anhebt und dieses nicht mehr zu Lasten anderer auslebt, sondern Wege gefunden hat, das innere Gleichgewicht zu wahren, selbst inmitten der Stürme des Lebens. Wir alle tragen in uns das Bedürfnis nach Anerkennung, Geborgenheit und Liebe. Situationsbezogen mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt. Mitunter sogar gestillt. Bei einigen (vielen) wird jedoch aus dem (ungestillten) Bedürfnis eine (unstillbare) Bedürftigkeit. Ein Dauerzustand, der einem Fass ohne Boden gleicht. Egal, wie viel hineingegeben wird, es genügt nie.

Bedürftigkeit ist eine innere Haltung, die mit den Worten „ich brauche“ beginnt, und selten die Worte „danke für all das, was ich bekomme“ findet. Wer in emotionaler Bedürftigkeit feststeckt, kann niemals frei im Denken und Fühlen werden.

Mein besserer Mensch hat gelernt, sich selbst das Maß an Liebe, Anerkennung und Geborgenheit zu vermitteln, das es braucht, damit die Grundbedürfnisse gestillt sind und die Seele sich im Gleichgewicht befindet. Was darüber hinaus von anderen Menschen kommt, darf gerne als ein Verwöhnprogramm des Lebens genossen werden, aber es ist niemals die alleinige Quelle.

Vielleicht denkt sich nun jemand: „Was hat die denn geraucht? Das ist pure Illusion!“

Ist es das?

Mal abgesehen davon, dass ich nicht rauche – ist es wirklich illusorisch? Oder nur schwer vorstellbar, weil ungewohnt? Unpopulär? In den Dokus über die großen Entdeckungen der Menschheit wird gerne das berichtet, was wissenschaftlich anerkannt und belegbar ist. Selten geht’s um das Menschsein. Vielleicht ist das Thema zu nah an Religionen (an denen man sich ganz schnell die Finger verbrennen kann) oder Spiritualität (die vieles sein kann) angesiedelt? Für mich gehört es einfach dazu, wenn man sich selbst finden und den Sinn seines Lebens entdecken möchte.

Aber wer möchte das schon?

Immerhin besteht ein nicht unwesentliches Risiko, auf diesem Weg zu erkennen, einige (oder mehrere) Jahre seines Lebens Ziele verfolgt zu haben, die bei näherer Betrachtung als Lernaufgabe taugen, ohne je wirklich zu innerer Zufriedenheit geführt zu haben.

Meine „bessere Version“ ist ein erwachsenes Ich, dass über die Torheit meiner Vergangenheit schmunzeln kann, stets bestrebt ist, mich (mehr oder weniger erfolgreich) von weiteren Narreteien abzuhalten, dankbar die Gegenwart annimmt und neugierig nach vorne blickt. Mein Schatten ist mir vertraut und ein stummer Begleiter, doch fürs Licht habe ich mich entschieden und lasse mir davon meinen Weg (er)leuchten. Meine Bedürftigkeit opfere ich freiwillig und freudvoll all dem, das mit umfassender Eigenverantwortung einhergeht. Wenn mir jemand ein „du Arme!“ umhängen will, lehne ich dankend ab. Mein Reichtum ist krisen- und inflationssicher: es ist der Glaube, das Vertrauen und die Liebe zu mir selbst, zum Leben und was immer es bringen wird.

Ein besserer Mensch?

Wenn ich zurückdenke, wer ich einst war, wie ich dachte und fühlte … ich würde sagen: Ja, ich bin heute ein besserer Mensch als ich es damals war.

An diesen Punkt zu gelangen, darum geht’s doch im Leben, oder nicht?

Das heutige Bild wurde von mir aus einem fahrenden Zug aufgenommen und passt meiner Ansicht wunderbar, um das Leben abzubilden: Ständig in Bewegung 😉