BILDER IM KOPF

Jeder Mensch hat individuelle Bilder im Kopf. Vorstellungen, was richtig/falsch, gut/schlecht ist. Was andere (möglicherweise) denken, was sie motiviert. Etliche dieser Bilder lassen sich unter dem Begriff „Vorurteile“ zusammenfassen. Männer sind … Frauen sind … Borderliner sind …

Es braucht nicht viel, um abgestempelt zu werden als ….

Vor kurzem bin ich auch mit „Bildern im Kopf“ zu Borderline konfrontiert worden – aber auch mit dem ehrlichen Interesse, diese zu hinterfragen und abzugleichen. Eine echte Wohltat, Menschen zu treffen, die über den Tellerrand der Vorurteile hinausblicken auf das, was es ist.

Eines dieser Vorurteile lautet: „Borderliner sind eine Gefahr für andere und sich selbst“. Sind sie das wirklich? Oder präziser gefragt: Sind Borderliner gefährlicher für sich selbst und andere als Nicht-Borderliner? Wer richtet mehr Schaden in dieser Welt an? Bei Borderlinern kann Selbstverletzung vorkommen, aber wie viel (Selbst)Verletzung findet durch Nicht-Betroffene statt? Bislang habe ich keine Studie gefunden, die sich diesem Vergleich widmet, aber ich traf auf eine Menge Vorurteile der Ablehnung, Ausgrenzung, Stigmatisierung ….

Ich liebe es, Vorurteile zu hinterfragen.

Oder neue Perspektiven zu eröffnen, so wie diese:

Ich bin Borderlinerin. Mein emotionales Gleichgewicht ist nur bedingt „von allein stabil“, weshalb ich mir über die Jahre eine tägliche Routine der Psychohygiene angewöhnt habe um Schwankungen auszugleichen und mein inneres Gleichgewicht bewusst herzustellen. Mindestens eine Stunde pro Tag (in der Bahn, beim Waldspaziergang oder auch auf der Couch) widme ich mich dem Reflektieren meiner Erlebnisse in einer Art „Achtsamkeits-Meditation“. Was ist geschehen? Wie hat es auf mich gewirkt? Was habe ich gefühlt? Wie habe ich reagiert? Wie hat das wiederum aufs Umfeld gewirkt? Was will ich künftig anders machen?

Wie viele Nicht-Betroffene reflektieren täglich ihr Verhalten und dessen Auswirkungen?

Achtsamen Umgang mit anderen und sich selbst erlebe ich im Alltag eher selten. Wenn ich daran denke, wie häufig ich in Öffis angerempelt werde (obwohl ich nicht zu übersehen bin mit über 1,80 m), neige ich dazu, Achtsamkeit unter „ferner liefen“ abzulegen. Auch all die verletzenden Worte und geringschätzigen Blicke rundum … Respekt und Höflichkeit sind offenbar ebenso aus der Mode gekommen wie Pünktlichkeit und Verlässlichkeit. 

Wie wäre der Alltag in einer achtsamen Gesellschaft, in der jeder Mensch sich täglich eine Stunde der Reflexion und Psychohygiene widmet? Eine kühne Spekulation von mir: Rücksichtlosigkeit wäre die Randerscheinung unter „ferner liefen“.

Oder im Sinne von „Henne oder Ei“ gedacht: Wie verbreitet wäre Borderline in einer achtsamen Gesellschaft, in der achtsame Menschen darauf achten, nicht übergriffig zu werden oder andere zu traumatisieren? Oder sie allein lassen mit Ereignissen, die sie nicht verarbeiten können? Wer sind die Täter? Wer die Opfer?

Rotieren die Bilder im Kopf?

Jeder, der schon mal mit Vorurteilen konfrontiert war, weiß aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, vorverurteilt zu werden und wie mühsam es ist, daran etwas zu ändern. Viele Jahre meines Lebens fühlte ich mich fehlerhaft, defekt, kaputt … dieses Gefühl hat eine Menge Schaden angerichtet. Ich frage mich, was alles hätte vermieden werden können ohne dieses Defekt-Gefühl? Wie viel schneller und einfacher wäre mein Heilungsprozess verlaufen? Hilfreich war es sicherlich nicht, vom Umfeld vermittelt zu bekommen „du bist fehlerhaft“.

Aber so sind sie, die Bilder im Kopf, omnipräsent und nur selten hinterfragt. Ebenso wie all die Informationen, mit denen wir tagtäglich über diverse (soziale) Medien berieselt werden und aus denen unsere Bilder im Kopf entstehen. Wie viel davon ist wahr? Was Fake? Ist die Welt wirklich jener Ort des Schreckens, die Menschheit ohne Zukunft, oder findet sich rund um das Faktenkorn eine Menge Fake-Spreu?

Fakt ist, dass negative Gedanken und Gefühle sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit eines Menschen auswirken. Wir werden davon langfristig krank und sterben früher. Einen Menschen laufend mit dem Vorurteil „du bist fehlerhaft“ abzustempeln sollte – meiner Ansicht nach – ebenso wie Körperverletzung behandelt werden, denn es ist per se Seelenverletzung. Leider sind Narben auf der Seele weniger sichtbar als Narben an den Unterarmen. Über letztere verfüge ich nicht, weshalb ich auch schon mal skeptische Blicke ernte im Sinne von „Du bist wirklich Borderlinerin – ohne Narben?“ Wieder so ein Bild im Kopf. Tatsächlich gibt es weniger Borderliner, die sich selbst Schnittverletzungen zufügen als solche, die es nicht tun. Dieses Bild ist allerdings weniger weit verbreitet.

Die Fake-Spreu lässt sich mit gezieltem Hinterfragen und konsequenter Achtsamkeit vom Faktenkorn trennen. Mit ihr verschwinden dann auch einige Bilder im Kopf, entsteht Raum für neue Bilder, können Vorurteile durch Erfahrungswerte ersetzt werden. Natürlich ist das ein bewusster Prozess, anders als unbewusstes Reagieren anhand unreflektierter Bilder.

Aber wie bei allem im Leben, führt auch Übung zum Erfolg und zur Meisterschaft. Für mich sind meine täglichen Achtsamkeitsmeditationen ein integrierter Bestandteil meines Lebens, ein Automatismus, Routine. Ich komme gar nicht auf die Idee, einen Tag mal NICHT zu reflektieren. Vielleicht bin ich keine typische Borderlinerin, aber auch das ist nur ein Bild im Kopf.

Bild: pixabay.com

RE-TRAUMATISIERUNG

Das Bild zeigt ein kleines Bäumchen, das sich tapfer neben den Schienen der Wiener U6 (die fährt überirdisch) seinen Platz an der Sonne erkämpft … und dabei im Minutentakt eins drübergezogen bekommt. Against all odds.

Genauso fühlt sich für mich Re-Traumatisierung an.

Vor einigen Tagen fand ich mich in einer Situation wieder, in der Menschen, zu denen ich eine persönliche Beziehung habe und für die ich mich verantwortlich fühle, von anderen Menschen drangsaliert wurden. Ich stellte mich dazwischen, versuchte rund 20 Menschen aufzuhalten, um einige wenige zu schützen.

Keine Chance.

Ich wurde überrollt. Physisch ebenso wie emotional.

Mit einem Schlag war es wieder da, das Gefühl, ausgeliefert zu sein, wehrlos, über sich ergehen lassen zu müssen was auch immer da kommt, verletzt zu werden, entwürdigt, gedemütigt, wertlos.  

Re-Traumatisierung.

Seither fühle ich mich wie dieses kleine Bäumchen. Im Minutentakt überrollen mich Gedanken und Emotionen. Unaufhaltsam. Der Körper unter Dauerstress. Ausnahmezustand. Kopflastige Menschen beurteilen mich, ohne auch nur erahnen zu können, was ich fühle. Ihre Urteile sind Sonderzüge, die zusätzlich über die Schienen donnern.

Das Hinterfragen der eigenen Handlungen wird zur Fallgrube, in der die spitzen Pfähle der Schuld nur darauf warten, mich zu durchbohren. Wer ist Täter? Wer Opfer? Wer angegriffen wird und sich zur Wehr setzt wird zum Täter, die Täter zum Opfer. Pervers, aber in einer kopflastigen Welt aus dem Gefühl zu leben und seinem Herzen zu folgen, scheint verkehrt. Die Mehrheit der Stimmen verdreht die Realität. Ein weiterer Wagon hängt sich an den Zug an.

All das soll aufhören. Sterben? Nein, einfach nur weg. Weg von allem. Aber wohin? Davonlaufen führt letztendlich irgendwann an eine Wand. Mit dem Rücken zur Wand bleibt nur ein Ausweg. Zwischendurch drängt die Erkenntnis an die Oberfläche: Niemand versteht mich! Selbst wenn ich erzähle, was in mir los ist, kann es niemand nachvollziehen.

Sie fragen: Warum?

Und ich antworte: Weil ein Blick, ein Wort, einen Stachel in das Herz des Drachen bohren kann und sein über Äonen aufgestauter Schmerz sich in einem Feuerball entlädt, voller Verzweiflung darüber, sein liebendes Herz nicht schützen zu können vor den Zerstörern.

Wer soll das verstehen? Wer spricht meine Sprache der Seelenbilder? Wer kann dem roten Faden im Labyrinth meiner Empfindungen folgen, die im Sekundentakt zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her springen bis da nur noch ein einziger Schrei ist.

Ich bin anders.

Ich bin unendlich allein – wie das kleine Bäumchen. Chancenlos.

Aufgeben ist keine Option.

Von mir wird erwartet, zu funktionieren – trotz Traumatisierungen und Re-Traumatisierungen. Ich habe gelernt zu funktionieren, oberflächlich so zu werden, wie die anderen …

Ich mache mir bewusst, dass die Situation – so schlimm sie war – mittlerweile Tage zurückliegt, in der Vergangenheit. Sie war damals gegenwärtig, aber hier und jetzt ist sie es nur mehr in meinem Kopf. Innere Bilder sind veränderbar. Also gebe ich diesem kleinen Bäumchen – mir selbst – eine Chance. Stelle mir vor, wie der Beton zu Sand zerfällt. Wie die Steine sich in Kiefernnadeln auf dem Waldboden verwandeln. Wie die Stahlschiene zu einer knorrigen Wurzel wird und das kleine Bäumchen seinen Platz an der Sonne findet, diesmal mit der Chance auf Frieden.

Allmählich beruhigen sich die Gedanken und Emotionen.

… doch in mir drin, bin ich anders, fühle und denke anders, heute, hier und jetzt, und vielleicht bis zu meinem letzten Atemzug.

Keine Ahnung, wie lange es dauern wird, wie oft ich noch meinen Blick auf das kleine Bäumchen fokussieren und seine Umgebung verändern werde, bis die Wunde in meiner Seele, die durch Menschen aufgerissen wurde, sich wieder geschlossen hat. Ich weiß nur eines: auch in diesem Schmerz liegt die Chance, jenes zu erkennen und zu entfernen, was zuvor eine vollständige Heilung verhindert hat.

Die Dunkelheit wird niemals siegen, solange ein Funke Hoffnung den Weg leuchtet.

VOM PROBLEM ZUR (AUF)LÖSUNG

Back to my roots … als Coach & Trainerin für Persönlichkeitsentwicklung bzw. Selbstfindung. In einem 4-tägigen Berg-Retreat im Tennengebirge teile ich mein umfangreiches Knowhow und meine von mir eingesetzten Tools, die mich zurück in die Umarmung des Lebens führten. In diesem Retreat kann jeder und jede – egal, ob Borderliner oder nicht – etwas für sich mitnehmen, denn es geht um …

ein Thema, das uns alle betrifft

„Stoana zabresln“ (Steine zerbröseln)

Jeder von uns hat einen Rucksack auf seinen Lebensweg mitbekommen. Die meisten schleppen darin seit langem ein paar Steine mit sich rum. Diese Steine können vieles sein: ungelöste Konflikte, alter Schmerz, Kränkungen, Kummer und Leid ebenso wie Sorgen, Ängste, Wut. Ihre Last drückt ständig aufs Gemüt, stört den Seelenfrieden, verhindert innere Ruhe und Ausgeglichenheit, mindert Zufriedenheit und Lebensfreude, kann Auslöser für Überlastung und/oder überzogenes Perfektionsstreben ebenso sein wie mangelndes Selbstwertgefühl …

Wie sehr diese Steine das eigene Leben täglich beeinflussen, merken die meisten erst, nachdem sie sich davon befreit haben. Wer kann sich schon einen Zustand vorstellen, den er/sie nie zuvor erlebt hat?

Doch wie die Steine loswerden?

Im 4-tägigen Berg-Retreat geht es genau darum:

  • Erkennen, in welchem Winkel des Rucksacks sich die Steine verstecken
  • Verstehen, wie sie zusammengesetzt sind und aufgelöst werden können
  • Erleben, was möglich wird ohne die Steine
  • Lernen, neue Wege einzuschlagen, um künftig keine Steine mehr in den Rucksack zu packen

Auf den Punkt gebracht:

  • Vom Problem zur (Auf)Lösung

Ein Leben voller Leichtigkeit und Lebensfreude – ohne Steine im Rucksack – kann der tägliche Normalzustand sein.

Es gibt allerdings einen Haken dabei: es geschieht nicht von allein.

Die gute Nachricht: DU kannst es tun!

… und im Rahmen dieses Retreats lernst Du, WIE du Deine Steine finden und loslassen kannst.

Eine Auszeit zum Ankommen und Loslassen

Da oben auf dem Berg verändert sich die Perspektive auf unseren Alltag und uns selbst – auch ohne mit Seil und Haken einen Gipfel zu erklimmen. Während so manches im Tal zurückbleibt, kommen wir uns selbst näher, wird die Sicht klarer und die Stimme der Intuition bekommt neuen Raum.

Dieses Retreat bricht absichtlich mit dem „üblichen Komfort“ von Seminaren und Workshops. Du bringst mit, was Du oben brauchst – auch einen Teil Deiner Verpflegung während des Retreats. Die Gemeinschaft der Gruppe ist ein wichtiger Aspekt. Von ihr hängt ab, was Du von diesem Retreat mitnehmen wirst – und was Du dort oben zurücklässt. Jeder trägt einen Teil nach oben und seinen Teil zum Gelingen bei. Das gemeinsame Zubereiten und Einnehmen der Mahlzeiten schafft eine Vertrauensbasis und bietet Gelegenheit, manches in lockerer Atmosphäre zu reflektieren. Auch der gemeinsame Abwasch gehört dazu.

Gönn Dir das Erlebnis, komplett aus Deinem Alltag auszusteigen und Dich gleichzeitig völlig auf Dich selbst zu fokussieren in einer Umgebung, in der Du ganz bei Dir selbst ankommen kannst.

Das Programm im Überblick

Sa           12.08.2023                         Treffpunkt an der Talstation in Werfenweng, gemeinsamer Aufstieg mit Kennenlernen, Check-In, Hausordnung … und danach geht‘s los

So           13.08.2023                         Der 2. Tag dreht sich um Erkennen, Verstehen und Loslassen.

Mo         14.08.2023                         Am 3. Tag widmen wir uns neuen Wegen und Strategien.

Di           15.08.2023                         Ausklang und Übergang in den Alltag

Wir treffen uns ca. 2 Wochen vor dem Retreat per Zoom, um Details zur Anreise, Verpflegung und sonstige Fragen zu besprechen, damit alle gut informiert ankommen können.

Ein fairer Energieausgleich

€ 100,- pro Person für das gesamte Programm inklusive Wissensvermittlung, Anleitung und Begleitung während der Übungen, Reflexion, Inspiration, u.v.m.

Nicht enthalten: Anreise, Unterbringung, Verpflegung

Nähere Informationen findest Du hier:

Preise Unterkunft
Info Bergbahnen

Das Anton-Proksch-Haus der Naturfreunde

Auf 1.630 m gelegen mit einzigartigem Ausblick, bietet diese Schutzhütte mit gemütlichen Zimmern den idealen Ort, um sich inmitten der Natur und fern der Ablenkungen des Alltags auf das Wesentliche konzentrieren zu können:
„Stoana zabresln“ leicht gemacht😉

Darf ich mich vorstellen:

Mastermind, Organisatorin und Gastgeberin dieses Retreats …  eine [nicht] ganz alltägliche Autorin, Bloggerin, Coach u.v.m. … diverse Ausbildungen im Bereich Kommunikation, Mentaltraining, NLP, Energetik, systemische Aufstellungsarbeit … seit rund 35 Jahren mit Psychologie, Philosophie, ganzheitlichen Heilmethoden befasst … viele Jahre aktiv im Mannschaftssport … Marathon – & Feuerläuferin … seit über 10 Jahren Projektleiterin in der Erwachsenenbildung … Jahrzehnte unerkannt als Borderlinerin in der „selbstgemachten Hölle auf Erden“ und heute zurück in der Umarmung des Lebens … eine, die viel erlebt, so manches durchschaut und einiges weiterzugeben hat 😉

In der Natur, insbesondere der Bergwelt der Alpen, finde ich Antworten, die im Alltag häufig untergehen. Vereinfacht gesagt:

„Für jedes Problem gibt es mindestens eine Lösung, doch meistens erkennen wir diese erst, wenn wir aufhören, uns selbst im Weg zu stehen – und die Steine aus dem Rucksack werfen, die uns davon abhalten, den Weg der Leichtigkeit einzuschlagen und Lebensfreude zu verinnerlichen.“

2022 schrieb ich das Gedicht „Stoana zabresln“, dass diesem Retreat seinen Namen gegeben hat. Es entstand in den Bergen, behandelt genau das Thema des Loslassens und Auflösens – und es brachte bereits so einige Steine bei einigen Menschen zum Zerbröseln. https://reconnected.blog/

Du hast Interesse?

Dann schick noch heute eine E-Mail an lesley.b.strong@gmx.net  und melde Dich für das Retreat an. Zimmerbuchungen bitte direkt über die Naturfreunde andrea.ritzer@naturfreunde.at mit dem Hinweis „Retreat“.

Die Plätze sind begrenzt!

Bild: pixabay.com

UNERWÜNSCHTE NEBENWIRKUNGEN

Die vergangene Woche reihe ich für mich in die Rubrik „offene Aufgaben“, denn diese unerwünschten Nebenwirkungen würde ich mir künftig gerne ersparen. Worum es geht?

4 Wochen lang durchgängig Kopfschmerzen zu ignorieren, weil gerade zu viel zu tun ist, weil gerade etwas anderes wichtiger ist, weil … ist nicht gerade ein Beweis für lebensnahe Umsetzung erworbener Weisheit. Eher dafür, dass ich ganz schön stur sein kann – und konsequent im Ausblenden von Schmerzen. Jahrzehntelanges Training macht es möglich. Schmerz? Ausblenden und weitermachen. Von Jugend an tradiertes Verhalten verändern? Im Kopf schnell entschieden, in der Umsetzung … naja.

Bei mir hat sich das konsequente Ausblenden einer kleineren Ursache wie Verspannungen im Nackenbereich zu einem größeren „Problem“ ausgeweitet. Die Migräne konnte ich noch gut wegstecken. Als ich anfing, den drängenden Wunsch zu verspüren, irgendjemand den Kopf abzureißen und zunehmend gereizt wurde, zog ich die Notbremse. Mittlerweile waren die Verspannungen über den gesamten Rücken extrem schmerzhaft. Also … raus aus den Belastungen, Entspannungsprogramme wie heißes Bad, diverse Wärmesalben, Wärmepflaster, Shakti-Matte, Shiatsu-Massage. Hat allesamt wenig genutzt. Ab zum Arzt und – nein, keine Spritze, ich hasse Nadeln, die in mich hineinpieksen – ein Muskelrelaxans geholt. Da ich so gut wie nie Medikamente nehme, war die Wirkung der ersten Tablette bereits „umwerfend“.

Immerhin wurde mein Kopf frei, um darüber nachzudenken, warum ich neuerlich die „Steig mal auf die Bremse“-Signale meines Körpers so lange ignoriert habe. Ein schlüssiger Grund für mich liegt in besagter Fähigkeit, Gefühle wie z.B. Schmerz auszublenden, um leistungsfähig zu bleiben. Es gab Zeiten in meinem Leben, da war diese Fähigkeit hilfreich, um z.B. im Sport trotz kleinerer Blessuren weiterzumachen. Ich war keine, die auf „Schwalbe“ gemacht hat, und beim Basketball bekommt man schon den einen oder anderen Ellbogen ab. Von wegen „kontaktloser Sport“. Unmöglich nachzuzählen, wie oft ich im Krankenhaus gelandet bin mit Bänderverletzungen, Prellungen … Richtig auskuriert habe ich davon so gut wie keine, was ich heute noch spüre. Aber damals verdrängte ich den Schmerz, trainierte weiter, wollte unbedingt dabei sein, Anerkennung bekommen, ganz gleich, um welchen Preis.

Schmerz auszublenden, wurde zu einer unerwünschten Nebenwirkung meiner Suche (oder Sucht) nach Anerkennung aufgrund mangelndem Selbstwertes und fehlenden Selbstvertrauens.

Heute mangelt es mir weder an Selbstwert, Selbstvertrauen noch Selbstliebe, doch die unerwünschte Nebenwirkungen ist noch immer da, wenn ich – so wie zuletzt – zu wenig Achtsamkeit auf mich selbst verwende. Ich vermute auch, dass meine Körperchemie ihren Teil dazu beiträgt, dieses alte Muster aufrecht zu erhalten. Was ich über die Ausschüttung von körpereigenen Schmerzmitteln, Glückshormonen & Co weiß, lässt mich schlussfolgern, dass hier einiges zwar hocheffizient, aber letztendlich kontraproduktiv für mich abläuft. Vereinfacht gesagt: biochemische Belohnung fürs Durchhalten verhindert (zeitgerecht) eine vernunftgesteuerte Entscheidung. Tricky – aber veränderbar.

Routine nimmt uns viele kleine Entscheidungen im Alltag ab, was enorm entlastet. Routine führt aber auch dazu, unerwünschte Nebenwirkungen am Laufen zu halten. Routine zu verändern, erfordert Energie, Zeit und (damit nicht neuerlich Unerwünschtes sich einnistet) Aufmerksamkeit.

In diesem Sinne … auf eine neue, achtsame Woche … mit einem Kunstwerk meiner Ergotherapeutin aus 1 m pinkfarbenem Kinesio-Tape auf meinem Rücken. Die Verspannungsroutine meiner Muskulatur mittels 24-Stunden-Impuls wieder zu lockern, überlasse ich gerne dem Tape, damit meine Achtsamkeit sich dem zuwenden kann, was in meinem Kopf so alles „routinemäßig verspannt“.

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APROPOS VERÄNDERUNG

Veränderung ist die einzige Konstante im Universum. Alles verändert sich ständig. Nichts bleibt, wie es in diesem Augenblick ist.

Stillstand oder Stagnation sind demnach nur eine Illusion, die künstlich erzeugt und aufrecht erhalten wird. Menschen können wahre Meister darin sind, in dieser Illusion zu verharren.

Aber um welchen Preis?

Wer in der Vergangenheit lebt (quasi im fiktiven Stillstand) verzichtet auf das, was Leben ausmacht: Lebendigkeit, die nur in der Gegenwart existieren kann. Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft noch ungeboren. Leben(digkeit) findet im Hier und Jetzt statt.

Warum fürchten wir Veränderungen so sehr? Weil sie das Unbekannte bringt, das unkontrollierbar sein könnte, dass uns Schaden zufügen könnte …

Warum wollen wir das Leben unter Kontrolle halten? Weil es an Vertrauen mangelt, das wir mit dem, was kommt, auch klarkommen. Weil die Vergangenheit uns allzu oft anderes gelehrt hat …

Warum etwas fürchten, ohne das wir gar nicht an dem Punkt angekommen wären, darüber nachzudenken? Niemand von uns kam als erwachsener Mensch in dieses Leben.

Veränderung ist, was uns bestimmt. Nicht mehr und nicht weniger. Es liegt an uns, was wir aus dem machen, das Veränderung mit sich bringt.

Wir werden Veränderungen nicht aufhalten, aber wir können mit ihnen wachsen.  

Stillstand ist nur eine Illusion. Leben bedeutet Veränderung. Umso wichtiger ist es, jeden Augenblick zu (er)leben, denn kein einziger wird in dieser Form wiederkehren – ob wir uns nun davor fürchten oder diese Tatsachen als gegeben nehmen und umarmen, was kommt.

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LAAAAANGWEILIG

Ganz ehrlich, es gibt nichts zu erzählen. Mein Leben funktioniert. Naja, eine gewisse Aktion ist schon da. Immerhin sitze ich gerade im Zug auf der Heimfahrt vom Skifahren bei nicht ganz optimalen Schneeverhältnissen, viel zu vielen Menschen auf den Pisten (von denen viel zu viele bei diesen Bedingungen besser nicht auf der Piste sein sollten – selten so viele Rettungseinsätze in wenigen Tagen miterlebt).

Ich werkle auch wieder an meinem Langzeitschreibprojekt JAN/A Band 3, das sich jetzt immerhin bereits über 3 Jahre hinzieht.

Was am Montagmorgen im Job auf mich wartet, wird sich erst zu diesem Zeitpunkt offenbaren, denn ich bleibe brav und halte mich von meinem beruflichen Mailaccount fern.

Kleine Problemchen im Alltag da und dort, nichts Weltbewegendes. Nichts, dass ich nicht gelassen nehmen kann.

Also, was bleibt zu erzählen?

Das ich mir wieder mal vorgenommen habe, NICHT alles, was mich interessiert, auch in Angriff zu nehmen. Sprich: mit meinen Ressourcen besser Haus zu halten. Alter Hut. Das nehme ich mir im Abstand von 6-12 Monaten regelmäßig vor, nur – dann holt mein ICH mich wieder ein und ich bin Feuer & Flamme für dies und das und jenes. Alles spannend, keine Frage, aber wie schon Paracelsus meinte: die Dosis macht das Gift. Zu viel Feuer & Flamme sorgt für einen Flächenbrand namens Burnout.

Manchmal frage ich mich, ob ich das je verändern werde. Ob ich es überhaupt verändern will. Oder ob es ein unveränderlicher Bestandteil meiner Persönlichkeit ist. Wobei – nix ist fix im Universum. Insofern ist auch nichts unveränderlich, höchstens konsequent lernresistent.

Ich starte also mit alten Vorsätzen in ein neues Jahr.

Langweilig?

Abwarten. Ich lasse mich überraschen, was kommt. Einiges steht auf meiner Agenda. Ob die Umsetzung klappt, hängt nicht allein von mir ab. Hin und wieder werde ich meine humorvolle Feder schwingen, denn es gibt so einiges, das mich zum Schmunzeln gebracht in den vergangenen Tagen.

Allen voran jene Frau, die mit elektrischer Zahnbürste im aktiven Einsatz (also zähneputzend) zur Hotelrezeption kam, um sich nach warmem Wasser zu erkundigen.

Wie war das nochmal mit „normal“?

Da bleibe ich lieber, wie ich bin, samt dem lustigen Schild „Persönlichkeitsstörung“, lasse es mir gut gehen in meinem funktionierenden Leben und langweile mich hin und wieder – was ein gutes Zeichen wäre, denn es würde bedeuten, dass ich mal nichts tue und einfach die Zeit verstreichen lasse. Herrlich langweilig.

Keine Sorge, dass hält nie lange an bei mir. Wenn ich mal nichts tue, sprudle ich kurz darauf vor Ideen 😉

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WORUM ES IM LEBEN WIRKLICH GEHT (2)

… das ist meiner bescheidenen Meinung nach die Grundhaltung. Egal, was rundum ist, ob absolutes Chaos oder Friede-Freude-Eierkuchen, ob die Menschen mich mögen oder nicht, ich mache mir eines stets aufs Neue bewusst:

Ich lebe! Ich atme, fühle, kommuniziere … auf welche Weise auch immer, ich bin mit der Außenwelt in Interaktion und kann mich entscheiden, was ich in diese Welt und zu den Menschen hinaussende.

Jammere ich anderen die Ohren voll über (für mich) Unveränderliches? Finde ich Schuldige und übernehme die Rolle von Ankläger-Henker-Richter in Personalunion? Trage ich meines dazu bei, den Haufen menschlicher Negativität ein Stückchen wachsen zu lassen? Nutze ich die öffentliche Bühne um mich als Opfer zu zelebrieren?

Oder (und an dieser Stelle bremse ich meinen Drang zur Theatralik ein, um die Aufzählung in einem überschaubaren Bereich zu halten, denn … ganz ehrlich, mir würde noch so einiges einfallen 😉) entscheide ich mich, Botschaften nach außen zu senden, die Hoffnung schenken, die inspirieren, die das Herz berühren, die Kraft verleihen und das Vertrauen stärken in das Leben, die Menschen, mich selbst.

Paul Watzlawick sagte: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Dem stimme ich voll und ganz zu.

Die sozialen Medien verleihen jeder einzelnen Stimme eine schier grenzenlose Reichweite. Meine Worte können 24/7 rund um den Globus von jedem vernommen werden, der über Internetzugang verfügt.

Welch eine Macht!

Welch eine Verantwortung! … mehr denn je!

Wirklich jede und jeder von uns trägt zu dem Bild bei, das in diesem Augenblick entsteht, dass sich in den Köpfen unzähliger Menschen manifestiert, dabei ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen beeinflusst.

Stell dir vor, was geschehen würde, wenn ab sofort nur noch lebensbejahende Botschaften geteilt würden?

Die Menschheit steht vermutlich vor ihrer bislang größten Herausforderungen, diesen Planeten als Lebensraum für sich zu erhalten, das längst überholte Konzept von Krieg abzuschaffen, um mittels Kommunikation und Kooperation zu einem friedvollen Miteinander zu finden, in kulturellen Unterschieden nicht die Grenzen, sondern verbindende Vielfalt zu erkennen. Dazu noch all die „kleinen“ persönlichen Herausforderungen.

Wir haben echt viel vor uns.

Wäre es da nicht angebracht, Mut zu machen? Worte und Bilder zu teilen, die uns darin bestärken, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten?

Es ist ähnlich wie mit der Schwerkraft. Ganz gleich, ob du daran glaubst oder verstehst, wie sie funktioniert, sie wirkt und hält dich am Boden (der Realität). Ob du nun daran glaubst oder verstehst, wie es funktioniert, jedes deiner Worte wirkt in dieser Welt, deshalb … wähle deine Worte mit Bedacht. Sie sind der Samen, den du in der Gegenwart auf die Reise schickst und aus dem die Zukunft erwächst.

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VERTRAUTE FREMDE GEFÜHLE

Vor einigen Tagen geschah etwas, das ich nun erstmalig in Worte zu fassen versuchen. Es war eines dieser Ereignisse im Leben, die einen völlig unvorbereitet treffen und nach denen nichts mehr so ist wie zuvor.

Zu Beginn war da eine gewisse Unruhe, die sich maskiert hinter Überlastung (wann arbeite ich eigentlich nicht zu viel?) anschlich. Darauf folgten destruktive Gedanken, der Drang heftige Reaktionen im Umfeld (=Ärger) zu provozieren – und dann war es plötzlich da, dieses vertraute, fremde Gefühl zu sterben. Damit meine ich nicht den Wunsch zu sterben. Todessehnsucht hat damit nichts zu tun. Es war auch keine Panikattacke, sondern das Gefühl, in diesem Augenblick zu sterben. Eine Gewissheit, die ich bereits öfters erlebt hatte und – nachdem ich immer noch hier bin – auch überlebt hatte. Doch diesmal war etwas anders.

Plötzlich tauchte eine alte Erinnerung aus den Untiefen meines Unterbewusstseins auf. Ich an der Schwelle zwischen Kind und Teenager, ziemlich überfordert mit mir selbst, die so anders war in ihrem Denken und Fühlen als alle anderen rundum. Mein Vater, der auf dem Bett lag, im Krankenhaus, wenige Tage vor seinem Tod. Speiseröhrenkrebs im Endstadium. Sein ausgemergelter Körper, der nur mehr ein Schatten seiner selbst war, lag apathisch vor mir, zugedröhnt vom Morphium, das die Schmerzen ausschalten sollte, und gleichzeitig seinen Geist lahmlegte. Doch er fühlte etwas, spürte seinen bevorstehenden Tod. Dessen bin ich mir sicher, denn ich fühlte es auch. Dieses Gefühl drang ich mich ein, überrollte mich und blieb gleichzeitig hängen. Ab und an kehrte es zurück. So wie vor einigen Tagen. Ein übermächtiges Gefühl, das absolut nichts mit der gegenwärtigen Realität zu tun hatte.

Erstmalig offenbarte es seinen Ursprung, lud mich ein, der Dunkelheit ins Angesicht zu blicken und zu erkennen, dass dieses vertraute Gefühl doch ein fremdes war, welches ich übernommen hatte in meiner kindlichen Unerfahrenheit darin, mich selbst zu schützen. Es fiel von mir ab, an diesem Abend vor wenigen Tagen. Erklären lässt sich das nicht, nur schildern. Ich weiß auch nicht, was genau geschah, nur dass ich mich danach unbeschreiblich (er)leicht(ert) fühlte, voller Energie und Lebensfreude.

Ende gut, alles gut?

Warum ich erst Tage nach diesem Ereignis darüber schreibe, hat einen Grund: ganz so „vorbei“ ist es nicht, denn es folgte das „danach“. Ich versuche mich an einem bildhaften Vergleich.

Stell dir eine große Schale mit bunten Glasmurmel vor. Inmitten der unzähligen Murmeln liegt ein schwerer, dunkler Stein. Eines Tages wird der Stein von etwas außerhalb der Schale magnetisch angezogen und siehe da, er verschwindet. In der Schale bleiben nur die bunten Murmeln zurück. Doch keine von ihnen befindet sich noch an dem Platz, an dem sie zuvor war. Alle Murmeln wurden durch die Entfernung des Steins ebenfalls in Bewegung versetzt. Genau an diesem Punkt befinde ich mich jetzt.

Das übernommene Gefühl, das so viele Jahre Platz in mir gewohnt hat, gab seinen Platz frei. Die gewohnte Ordnung ist durcheinandergeraten und dabei, sich neu auszurichten. Dadurch verändert sich auch der Blickwinkel auf manches. Dafür braucht es Zeit und Energie. In meinem Fall auch einen temporären Rückzug aus der Hektik des Alltags, um diesem Prozess Raum zu geben.

Früher gehörte ich zu denen, die ihren Fokus auf das Problem und dessen Auflösung lenkten, ohne zu beachten, was danach folgt. Kam nach dem anfänglichen Hype über das Gelöste eine Phase der Energielosigkeit, stufte ich das als Misserfolg ein. Doch das war es nicht. Ganz im Gegenteil. Es war die Phase der Neuausrichtung, die ich all zu oft zu ignorieren versuchte und mich „durchkämpfte“.

Heute gönne ich mir (zugegeben: mit einigen Tagen jobbedingter Verzögerung) eine Zeit des Rückzugs in die Stille, um das Geschehene wirken zu lassen. Vor 39 Jahren übernahm ich ein fremdes Gefühl, trug es in mir, gab ihm Raum und Leben. Sein Verschwinden wird keine Lücke in mir hinterlassen, ganz im Gegenteil, denn in mir finden sich viele wundervolle Gefühl, die sich nun zu einem neuen Bild in mir ordnen.

In mir höre ich die Worte von Lucy, die x-mal zu mir sagte: „Learn zu distingiush“ (Lerne zu unterscheiden). Nicht alles, was vertraut ist, ist auch das eigene. Was bist du, was bist du nicht?

Ich denke, in der ersten Lebenshälfte sind wir alle damit beschäftigt, zu wachsen, zu werden, etwas aufzubauen. Dabei bleibt häufig die Unterscheidung auf der Strecke. Ab der Lebensmitte geht es (nach einigen philosophischen Lehren) darum, das eigene und zu sich selbst zu finden. Aus all dem, was zuvor an- und übernommen wurde, jenes herauszufiltern, das zu einem selbst gehört. Rückblickend stelle ich fest, dass ich knapp nach meinem 50er damit begann, meine Leben zu vereinfachen, mich von Überholtem und Überflüssigem zu trennen, Ballast abzuwerfen, sowohl physisch als auch psychisch und … emotional.

Fremde Gefühle – so vertraut sie auch sein mögen – dürfen an ihren Ursprung zurückkehren, damit ich werden kann, wer ich bin, immer war und immer sein werde.

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SEUCHE BORDERLINE?

Ein provokanter Titel, ich weiß, aber meine diesbezüglichen Gedanken sind nicht minder provokant. Durch die vergangenen Wochen zieht sich für mich ein roter Faden: die Borderline-Diagnose. Entweder sie betraf die Menschen direkt oder ihr unmittelbares Umfeld, entweder hatte ich diese Menschen eben erst kennengelernt oder kannte sie bereits seit Jahren. Immer häufiger habe ich den Eindruck, niemanden mehr zu kennen, der nicht in irgendeiner Weise davon betroffen ist.

Ernüchternd?

Und wie!

Deshalb hier ein paar Gedanken dazu.

Nimmt die Zahl der Borderliner zu?

Aus meiner Sicht: Ja. Da nur wenigen der Ausstieg (also die „Heilung“) gelingt und gleichzeitig jedes Jahr neue Fälle dazukommen (weil ja mehr Menschen geboren werden als im gleichen Zeitraum sterben), wächst der Anteil an Borderline-Betroffenen in der Bevölkerung automatisch.

Sind immer mehr Menschen psychisch krank bzw. gestört?

Jein. Für mich hat es eher damit zu tun, dass unsere Gesellschaft extrem fordernd geworden ist, immer weniger „Verletzlichkeit“ toleriert und damit zwangsläufig die Zerrissenheit zwischen dem, was man sein sollte und dem, was man ist, fördert.

Wenn ich die klassischen Borderline-Symptome hernehme, beginnend bei mangelndem Selbstwert, Überlastung durch Eigen- und Fremdausbeutung, Schwarz-Weiß-Denken, Angst vor dem Verlassenwerden, Identitätsverlust (Wer bin ich eigentlich, wenn ich nicht mehr versuche zu sein, was andere von mir erwarten?), extreme Emotionalität und Stimmungsschwankungen, Depressionen … mal ehrlich, auf irgendeine Weise ist jeder Mensch irgendwann in seinem Leben davon mehr oder weniger betroffen. Ein Test zum „richtigen“ Zeitpunkt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine entsprechende Diagnose bringen.

Und was dann?

Therapie, Psychopharmaka, endlose Selbstzweifel unter dem Stigma der Diagnose, an einer Störung zu leiden. Danach folgt Ursachenforschung (= Wühlen in der Vergangenheit), hoffentlich auch Lösungsansätze kreieren (= Tools für die Gegenwart und Strategien für die Zukunft). Alles schön und gut, aber …

… wer therapiert die Gesellschaft, die ihren Beitrag dazu leistet? (Stichwort: Fremdausbeutung). Die jungen Menschen keine Chance bietet, sobald Narben an den Armen sichtbar sind. Die Narben in der Seele sehen hingegen nur wenige. Wie auch? Um die zu erkennen, muss man mit dem Herzen blicken.

An dieser Stelle könnte ich noch lange argumentieren, ein aufwühlendes Plädoyer verfassen … oder es auf den Punkt bringen, den ich wahrnehme:

Borderline ist schlimmer als eine Seuche, es ist ein Spiegel unserer gegenwärtigen Gesellschaft, in der …

  • … im Idealfall alles kontrolliert läuft, jeder Mensch wie eine Maschine zu funktionieren hat, für „Menschliches“ viel zu wenig Platz bleibt.
  • … Krankheiten all zu oft auf Symptome reduziert werden, vielleicht noch auf den Körper als Ganzes, aber Gefühle? Die Seele?
  • … die Existenz einer Seele gerne in Frage gestellt wird, weil nicht wissenschaftlich erklärbar. Oder als esoterisch abgestempelt.
  • … in der sich ganz viele selbst am nächsten sind, häufig gar nicht böswillig, sondern einfach aus der Angst heraus, etwas zu verlieren, wenn sie ihre Arme und Herzen öffnen.
  • … in der es an Vertrauen mangelt. Wie könnte es auch anders sein, bei all dem, was rundum geschieht. Wer nicht aufpasst, wird über den Tisch gezogen, betrogen, ausgenutzt.
  • … in der die Seele verkrüppelt im ständigen Misstrauen, das Herz versteinert, der Mensch krank wird und seine Psyche eine eigene Hölle des Schmerzes erschafft.
  • … in der die meisten Menschen bedürftig sind an Zuwendung, Anerkennung, Liebe, Geborgenheit, nur noch wenige in der Lage sind, all dies für sich selbst zu empfinden und es anderen weiterzugeben OHNE etwas dafür im Gegenzug zu erwarten.

Unsere Gesellschaft hat verlernt, was es bedeutet, Mensch zu sein. Im Gegensatz zu früheren Zeiten werden die Menschen heute allerdings nicht durch Kriege oder Hungersnöte abgelenkt. Wenn die Bedrohung für Leib und Leben wegfällt, tritt die Frage nach dem „wofür?“ in den Vordergrund.

Sinn und Sein.

Wer bin ich? Was ist der Sinn meines Lebens?

Zwei der wichtigsten Fragen überhaupt, denn in ihren Antworten findet sich – meiner Erfahrung nach – genau jenes, das es braucht, um aus der Borderline-Achterbahnfahrt auszusteigen und zurück in die Umarmung des Lebens zu finden.

Ist Borderline heilbar?

Meine persönliche Erfahrung: JA! Wenn man in sich hineinspürt, die eigene Bedürftigkeit entdeckt und lernt, diese zu erfüllen, aus sich selbst heraus. Nebenbei fand ich heraus, wer ich bin, was der Sinn meines Lebens ist und wie ich mit all dem, was in mir ist, ein wundervolles Leben führen kann.

Krise und Chance gehen stets Hand in Hand. Borderline kann ein Fluch sein – oder ein Segen, weil es wachrüttelt, sich den wirklich wichtigen Fragen des Lebens zu stellen, aufzuwachen, bewusst zu werden, sich als Mensch weiterzuentwickeln. Nicht zu reagieren, sondern zu agieren. Nicht zu überleben, sondern zu leben, lebendig zu sein im Augenblick, im Hier und Jetzt.

Bild: pixabay.com

SPÜR IN DICH HINEIN

Vor wenigen Tagen postete ich diese Gedanken:

Wenn du unheilbar krank wärst und deine einzige Chance auf Heilung bestünde darin, dein Herz zu öffnen und zu zeigen, was du fühlst, was dir gut tut und was dich verletzt… würdest zu zögern?

Was denkst du, heilt die Wunden in deiner Seele.

Zeit?

Vertrauen?

Die Rückkehr in die Umarmung des Lebens?

Spür in dich hinein. Tief in dir kennst du die Antwort seit langem…

Es ist für mich an der Zeit, in die Tiefe zu blicken.

In diesen Gedanken spiegelt sich zweierlei wider: Zum einen arbeite ich mich gerade als Vorbereitung auf die Fertigstellung von JAN/A Band 3 durch die beiden vorangegangenen – und beobachte meine Reaktionen dabei. Was hat sich verändert? Erkenne ich mich selbst in der Geschichte? Oh ja, das tue ich. Mehr noch, ich entdecke so einiges, dass ich schlichtweg als „genial“ bezeichne, wie ich während des Schreibprozesses unbewusst schwierigste Themen für mich aufgelöst habe – und was sich noch so alles zwischen den Zeilen versteckt. Erneut wird mir Vielschichtigkeit meiner Persönlichkeit bewusst, komplex und vermutlich für manche schlichtweg überfordernd, wie ich mich zwischen Emotionen bewegen kann, sie auslebe und im nächsten Augenblick ablege, wie einen Mantel, um in ein anderes Gefühl zu schlüpfen, das ich empfinden will. Wie ich aus der Dunkelheit emporsteige, gleich dem Phönix, der sich neugeboren aus den Flammen erhebt, Schmerz in Lebensfreude verwandelt. Ich liebe meine JAN/A-Bubble.

Zum anderen ist da die bevorstehende Charity-Veranstaltung am kommenden Wochenende. Lesungen sind mir nicht neu, vor Publikum zu agieren ebenso wenig, doch was ich vortrage, wird keinen Raum für Abgrenzung – für Sicherheit – lassen. Es sind Worte, die unmittelbar aus meinem Fühlen kommen, die offenbaren, wer ich in meinem Innersten bin. Berührbarkeit pur. Verwundbarkeit ebenso. Mit Kritik und negativem Feedback kann ich umgehen. Was mir ein wenig Sorge bereitet, ist etwas anderes: Anerkennung für meine Arbeit als Autorin zu bekommen, ist wunderbar, berührend, bereichernd, Licht für die Seele – doch nicht ohne Schatten. Wie alles im Leben gibt es auch hier eine zweite Seite.

Zeige ich, wer ich bin, bekomme dafür Anerkennung, fühlt sich das unbeschreiblich gut an – ein Gefühl zu schweben, zu fliegen, nicht mehr an den Boden gebunden zu sein. Ein ambivalentes Gefühl. Ohne je mit Drogen experimentiert zu haben, vermute ich, dass genau das der Reiz an Rauschzuständen ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Organismus dabei einiges an körpereigenen Opiaten freisetzt. Ein „Runners High plus“ mal anders – mit Suchtfaktor. Fatal, denn der Bezug zur Realität geht dabei flöten. Überdreht, wäre ein passender Begriff. Unbesiegbarkeit das Gefühl dahinter. Eine gefährliche Hybris, denn irgendwann endet der Rausch. Was danach folgt, ist ein tiefes schwarzes Loch.

Spür in dich hinein. Tief in dir kennst du die Antwort seit langem…

… doch diese Antwort ist nicht so leicht zu nehmen, denn sie bedeutet, der Dunkelheit zuzustimmen. Sie ist und wird immer ein Teil von mir sein, der auch gelebt werden will. Unterdrücke ich diesen Teil, entsteht Druck in mir, der sich früher oder später entlädt – auf die eine oder andere Weise. Deshalb stimme ich heute jedem Teil von mir zu – auch der Dunkelheit – gebe jedem Raum in meinem Leben, vermeide dadurch Druck. Zu Beginn lagen diese „Räume“ nur in meiner Fantasiewelt. Das machte durchaus Sinn, denn mittlerweile haben Forscher herausgefunden, dass sich auch in Fantasiewelten Heilungspotenzial verbirgt. Warum auch nicht? Unser Unterbewusstsein kann nicht zwischen Realität und Fantasie unterscheiden. Was wir uns vorstellen können, wirkt auch auf uns.

Doch mit Fantasiewelten allein ist es nicht getan. Was ich bin, alle Persönlichkeitsanteile von mir, wollen auch in der realen Welt gelebt werden. Genau das werde ich in einer Woche tun, den empfindsamsten Teil von mir zu leben, inmitten unter mir fremden Menschen. Zeigen, wer ich bin. Ohne Masken, ohne Fassade – und den Boden unter den Füßen behalten.

Eine Herausforderung? Ja.

Ein Risiko? Jein. Ich erkenne mittlerweile rasch, wenn ich „abhebe“ und habe meine Techniken, mich wieder zu erden.

Natürlich könnte ich den „einfachen“ Weg einschlagen, und darauf verzichten, jene Teile von mir auszuleben, die mich Richtung „emotionalem Überflug“ bringen, doch dann wäre ich nur eine zensierte Version von mir selbst und wieder beim Thema Unterdrückung. Für mich ist es eine Form von Selbstverstümmelung, Teile meiner Persönlichkeit auf diese Weise „auszuschalten“. Alles in und an mir will LEBEN. Teile von mir vom Leben abzuschneiden, riss einst Wunden in meiner Seele auf. Heute heile ich diese Wunden in meiner Seele, indem ich mehr und mehr zeige, wer ich bin.

Vielleicht bekomme ich dabei hin und wieder unerfreuliche Rückmeldungen, treffe auf Ablehnung, doch nichts von alldem kann noch nachhaltig auf mich wirken, die ich tief in meinem Innersten beschlossen habe, dieser Welt mein wahres Gesicht zu zeigen.

Ich war einst unheilbar krank, da ich mir verwehrte, ich selbst zu sein. Heilung fand ich in mir selbst. Die Antwort war die ganze Zeit über da, all die Jahre, die ich nicht wagte, in mich hineinzublicken und zu spüren: Ich bin, wer ich immer war und immer sein werde – ein feuriger Funken Lebensfreude 😊

Was findest du, wenn du in dich hineinspürst?