ICH LEBE

Vor wenigen Tagen traf ich im Stiegenhaus unserer Zentrale zufällig auf eine junge Kollegin, die erst kürzlich aus ihrem Urlaub an der Elfenbeinküste zurückgekommen ist und seither an einer Art Kulturschock laboriert. Eine dritte Kollegin, die vor vielen Jahren nach Wien kam und seither hier lebt, schloss sich uns an. Innerhalb von Minuten brachten wir es auf den Punkt:

Wir sind von Zombies umzingelt!

Ein Hotspot: die U-Bahn.

Niemand lächelt oder blickt gar einem anderen in die Augen. Alles wirkt irgendwie grau, und das ist nicht die Betonwänden rundum geschuldet. Es mangelt an Lebendigkeit, Lebensfreude, Leuchten in den Augen, denn ein Lächeln wäre nur auf diese Weise erkennbar dank der FFP2-Masken. Trotzdem.

Viele tragen Kopfhörer oder haben Stöpsel in den Ohren, aber kaum jemand lässt sich vom Rhythmus der Musik anstecken. Die Körper sind starr, die Blicke leer.

Was um alles in der Welt ist los mit den Menschen?

Ja, es gibt eine Menge Probleme auf diesem Planeten, die meisten davon ungelöst.

Ja, es gibt Konzerne, die sich unter Bezug auf die aktuelle Weltsituation schamlos an denen bereichern, die sich nicht wehren können.

Ja, es gibt Erfreulicheres als bei über 30 Grad Außentemperatur mit einer FFP2 durch die Gegend zu laufen.

ABER … verdammt nochmal, wir leben!

Bei allem, was da sonst noch ist, das wesentliche und für mich einzig wichtig ist: ICH LEBE!

Ich kann mein Leben in manchen Bereichen mehr, in anderen weniger gestalten, aber ICH LEBE!

Manche Tage laufen besser, andere schlechter, aber ICH LEBE!

Solange ich lebe, kann und will ich dieses Leben zelebrieren, mich lebendig fühlen, Lebensfreude ausstrahlen, dankbar sein für jeden Augenblick, den ich erleben darf, für jeden Atemzug, der mich durchströmt, für jeden Sonnenstrahl, der mich wärmt.

Niemand von uns weiß, wieviel Zeit einem bleibt. Die Zukunft ist ein Lotteriespiel, die Vergangenheit ein staubiges Archiv. Leben findet in der Gegenwart statt. Hier und Jetzt. Wann, wenn nicht jetzt?

Wir haben im Leben stets die Wahl, uns von den Umständen bestimmen zu lassen oder ihnen mit Gelassenheit, Zuversicht und ein wenig Humor zu begegnen. Ersteres funktioniert ganz von selbst. Letzteres stellt zumeist eine größere Herausforderung dar, aber wer behauptet, das Leben wäre ein Spaziergang?

Die Umstände können uns alles nehmen, nur eines nicht. Das verlieren wir erst, wenn wir es selbst aufgeben: unsere Lebendigkeit.

Ich bin weder bereit, meine Lebendigkeit aufzugeben noch mir meine Lebensfreude durch die Umstände nehmen zu lassen. ICH LEBE in jedem Atemzug, mit jedem Herzschlag, im Hier und Jetzt, leuchte von innen heraus. Vielleicht meiden sie mich deshalb, die Zombies, wenn ich auf dem Bahnsteig tanze und meine Lebensfreude ansteckend wirken könnte.  😉

Bild: Pixabay.com

ALLES NUR FAKE?

Faszinierend, was Kundige mit Bildbearbeitungsprogrammen alles anstellen können. Bei den vielen Bildern, die durch die sozialen Medien kursieren, frage ich mich regelmäßig, ob das, was ich sehe, auch in echt so aussieht – oder vielleicht ganz anders. Fake News? Alternative Wahrheiten?

Eine ähnliche Frage stelle ich mir auch häufig bei Menschen. Was ist echt? Und was Fake? Was verbirgt sich unter all den Masken, dem Make Up, Designer-Klamotten und sonstigem Aufputz, wenn weder Push noch Shape zum Einsatz kommen, frei von Statussymbolen.

Was bleibt, wenn man einem Menschen all das nimmt, was von den Ereignissen des Lebens jederzeit hinweggespült werden kann?

Nacktheit lässt nicht viel Spielraum für Fake.

Nacktheit offenbart weitaus mehr als nur blanke Haut. Sie zeigt auch, wie liebevoll und würdevoll jemand mit sich selbst umgeht.

Nacktheit wäre der natürlichste Zustand – sollte man meinen.

Als langjährige Saunabesucherin habe ich schon so einiges erlebt, was passieren kann, wenn Menschen alles ablegen, über das sie sich gemeinhin definieren. Wenn der „schöne Schein“ rundum verschwindet, zeigt sich der wahre Charakter. Im Business Dress vielleicht noch als „wirtschaftlich notwendig“ akzeptierte Aussagen klingen nackt nur noch menschenverachtend. Ihrer Statussymbole beraubt werden manche zu „Wadlbeissern“. Andere verlieren ihre Coolness und Selbstsicherheit mit jeder Lage Stoff, was am Ende bleibt, ist hohl und ohne Substanz.   

In einer Zeit, in der nahezu alles gefakt wird, verspüre ich einen stetig stärker werdenden Wunsch nach „Echtem“.

Mich interessiert immer weniger, was ein Mensch hat. Was für mich zählt, ist der Charakter.

Aber wer zeigt noch sein wahres Gesicht?

Warum braucht es all den Fake?

Warum genügt es nicht mehr, zu sein, wer man ist? Warum muss man die optimierte Version des Selbst werden? Vor einiger Zeit begegnete mir in diesem Zusammenhang der Begriff „Superversion“. Welch ein manipulativer Begriff! Er impliziert, dass meine Normalversion in jedem Fall zu wenig und unzureichend ist. Sprich: ICH kann gar nicht gut genug sein, solange ich nicht SUPER-ICH bin. Minderwertigkeit lässt grüßen. Und vor allem: was soll diese Superversion sein? In meinem Verständnis: ein Super-Fake.

Leidet unsere Gesellschaft unter einem kollektiven Minderwertigkeitskomplex? Wenn ich mir ansehe, wie viel gefakt wird und wie wenig Echtes mir begegnet, kann ich diese Frage nur mit einem klaren JA beantworten.

Ich stelle mir hin und wieder vor, wie es wäre, wenn ich alles loslasse, was derzeit zu meinem Leben gehört, wenn nur noch ich selbst übrigbleibe. Was ist das, was bleibt?

Meine Antwort darauf: das, was ich bin, immer war und immer sein werde – ein feuriger Funken Lebensfreude, mit vielen Talenten und noch zu entdeckenden Potenzialen, kreativ bis zum Abwinken, romantisch-sinnlich, manchmal frech, ein anderes Mal nachdenklich, mit gesundem Humor und Selbstironie gesegnet, unendlich dankbar für dieses Leben, neugierig auf das, was es noch bringen wird und darauf vertrauend, dass ich aus allem, das mir begegnet, etwas lernen kann, das mich weiterbringt.

Jeder von uns betritt diese Welt vollkommen nackt. Wenn wir sie verlassen, können wir nichts mitnehmen außer dem, was übrigbleibt, wenn wir alles loslassen. Wir gehen „nackt“ als die, die wir geworden sind. Wozu also all der Fake?  

Bild: https://pixabay.com/de/photos/baby-m%c3%a4dchen-neugeborenes-portr%c3%a4t-784608/

JENSEITS DER ANGST

Vor einigen Tagen unternahm ich eine kleine Bergtour, wählte dafür eine beliebte Route zu einem Bergsee (siehe Bild). Im ersten Drittel der Strecke quert ein schmaler Pfad den Hang des Graukogels. Der Weg ist ungefähr 30 cm breit, voller Steine und Geröll, links geht steil nach oben, rechts steil nach unten. Zwar kein blanker Felsabhang, sondern mit Gras bewachsen, aber ob ich im Falle eines Sturzes Halt finden würde, möchte ich lieber nicht austesten.

Eine Passage wie diese löst in mir unmittelbar ein ungutes Gefühl aus. Man könnte es auch Angst nennen, mit leichten Panikspitzen. Schwindelfrei bin ich nicht, Höhenangst (oder besser: Abgrundangst) begleitet mich bereits mein ganzes Leben.

Was mache ich an diesem Ort?

Mich meiner Angst stellen und sie überwinden.

Von Tauchgängen in Haifischkäfigen als Mittel zur Angstüberwindung halte ich persönlich nicht viel. Es gibt weniger dramatische Aktionen, die den gleichen Effekt erzielen. Eine für mich gut funktionierende sind eben solche Bergtouren.

Kurze Anmerkung für potenzielle Nachahmer: Bitte nicht im Alleingang! Und schon gar nicht ohne Vorbereitung! Ich mache das seit vielen Jahren und habe eine gewisse Routine. Außerdem prüfe ich im Vorfeld, ob meine körperliche Fitness an diesem Tag so eine Tour erlaubt und bin entsprechend ausgerüstet.

Zurück zu meinen Schritten auf dem schmalen Pfad. Zittrige Knie mahnen mich zur Achtsamkeit, das Gelände zu Respekt. Meine Aufmerksamkeit ist vollkommen auf das gerichtet, was ich tue. Für Angstgefühle oder störenden Brain Traffic im Sinne von Zweifel, negativen Gedanken und dergleichen, bleibt kein Raum. Ich bin völlig in der Gegenwart mit meinem Bewusstsein. Meine Angst ist eine Stimme aus der Vergangenheit, eine Mahnerin. Doch in diesem Augenblick fehl am Platz.

Gebranntes Kind scheut das Feuer.

Angst wird meistens erlernt. Oder übernommen. Meine Mutter ist ein sehr ängstlicher Mensch. Als Kind „infizierte“ sich mich mit ihrer Angst vor giftigen Pilzen. Es dauerte Jahrzehnte, bis ich es wagte, selbst gepflückte Schwammerl zu essen. Ein harmloses Beispiel, doch es gibt etliche andere, die zu persönlich sind, um sie hier zu erläutern.

Viele Jahre versuchte ich, die Ursache meiner Ängste zu identifizieren und zu neutralisieren. Irgendwann erkannte ich, das mit jeder neuen Erkenntnis neue Unklarheiten auftauchten, und meine Suche niemals abgeschlossen sein würde innerhalb meiner zu erwartenden Lebensspanne. Solange die Ängste auf ein erlebtes Ereignis zurückgeführt werden konnten, bestand noch Aussicht auf Erfolg, aber sobald es sich um übernommene Ängste (Stichwort: Schwammerl) handelte, wurde es eine Never Ending Story. Also entschloss ich mich, die Suche zu beenden und konzentriere mich seither darauf, mit dem umzugehen, was auftaucht. Auch mit meinen Ängsten.

Woher die Angst auf dem schmalen Pfad kommt? Warum taucht sie immer wieder auf, trotz mehrfach „Begehung schmaler Pfade“? Ehrlich: Keine Ahnung!

Für mich war diese Bergtour eine gute Gelegenheit, den Umgang mit meiner (unangebrachten) Angst zu trainieren für die wirklich wichtigen Herausforderungen: Das Zusammenleben mit Menschen.

Ganz ehrlich – in unserer heutigen Zeit gibt es eine nahezu omnipräsente Angst in der Gesellschaft, und die hat nichts mit steilen Berghängen, Schwammerl, Monstern oder dergleichen zu tun, sondern mit einer kleinen Frage: Bin ich gut genug?

Die Angst, nicht gut genug zu sein, gleich in welchem Bereich des Lebens, im äußeren Erscheinungsbild oder worin auch immer Menschen sich vergleichen, diese Angst richtet unglaublich viel Schaden an, löst Stress aus, fördert Konflikte, bringt Menschen dazu, verrückte Dinge zu und sich selbst sprichwörtlich fertig zu machen.

Die Angst, nicht gut genug zu sein, ist aus meiner Sicht eine der ganz großen Herausforderungen des Menschseins.

Bin ich gut genug, sicher auf einem schmalen Bergweg zu wandern? Ja!

Bin ich gut genug, dem Urteil anderer Menschen standzuhalten und als liebenswert, attraktiv … eingestuft zu werden? Niemand hat das Recht über mich zu urteilen!

Während einer Bergtour zu stürzen und sich einen Arm oder ein Bein zu brechen, tut weh, doch dieser Schmerz vergeht nach einer Weile.

Von einem anderen Menschen durch Worte, Blicke oder Taten verletzt zu werden, dieser Schmerz sticht mitunter bis ans Lebensende. Mit einiger Mühe kann man vielleicht die Worte „vergessen“, doch das Gefühl bleibt bestehen: ich bin nicht gut genug. Der Nährboden für Versagensängste.

Es gibt viele Arten von Ängsten. Manche sind überlebenswichtig für uns, denn sie beschützen uns davor, einfach mal aus dem Fenster zu springen, um Fliegen zu üben. Andere blockieren uns, halten uns davon ab, das zu tun, was wir gerne tun möchten, aus Angst heraus, zu versagen. Und sei es nur bei einem Gespräch mit einem anderen.

Meine Bergtour war eine wunderbare Gelegenheit, mich bewusst mit meinen Ängsten zu befassen, zu hinterfragen, ob die Angst in diesem Augenblick eine lebensschützende Mahnerin oder ein Echo aus meiner Vergangenheit ist, dass ich liebevoll, aber bestimmt, zur Seite schiebe, um mich mit Achtsamkeit der Gegenwart zuzuwenden.

Jenseits der Angst, am Höhepunkt meiner Tour, saß ich gelassen an einem wunderschönen Bergsee, ließ die Sonne meinen Rücken wärmen, und wurde mit einer weiteren Erkenntnis (oder Auflösung einer übernommenen Angst vor großen Tieren, weil nie wirklich damit in Kontakt gekommen) belohnt, als die Kuh (rechts im Bild) meine Nähe suchte und ihre Reibeisenzunge über meinen Rücken schleckte… aber das ist eine andere Geschichte.

BORDERLINER KANN MAN NICHT VERSTEHEN

Die folgenden Zeilen sind ein Gespräch mit meinem Spiegelbild, das ich vor einigen Jahren geführt habe, nachdem ich das „Problem“ erkannt, aber noch nicht gelöst hatte:

„Da ist eine leistungsorientierter Workoholic mit der Tendenz an die Belastungsgrenze zu gehen. Erfolgreich, stark, niemand würde vermuten, was sich hinter der Fassade verbirgt. Viele Selbstzweifel, geringer Selbstwert und wenig Selbstliebe. Ein emotionales Chaos, das sich nicht unter Kontrolle bringen lässt. Manchmal fühlst du dich regelrecht fremdgesteuert, das macht dir Angst. Nähe zu anderen Menschen geht gerade noch als Freundschaft, aber nicht in einer Beziehung. Wenn dir jemand nahekommt, würde diese Person vielleicht merken, wie wenig das äußere Bild mit dem inneren Wesen zusammenpasst. Du spürst, dass du anders bist als andere. Du wärst gerne wie die anderen, aber du kannst es nicht sein, egal, was du versuchst. Anders zu sein als alle anderen, das macht einsam, weshalb du dich versteckst. Du fliehst in eine starke Rolle und in eine Welt, in der du die Kontrolle behalten kannst und von anderen bewundert wirst. Du bist davon überzeugt, dass niemand dich je verstehen kann. Schlimmer noch, vielleicht sind die Menschen ja abgestoßen, wenn sie herausfinden, wie es in dir wirklich aussieht, dass du manchmal gar nicht weißt, was du fühlst. Die Frage „Wie geht es dir?“ kann schlimm sein an Tagen, an denen du es nicht spürst, weshalb du ausweichst und erzählst, was du machst, aber nicht, wie es dir geht. Du sehnst dich nach Liebe, doch du kannst sie nicht aushalten. Du wünschst dir Geborgenheit, doch eine Umarmung fühlt sie wie eine Fessel an. Du möchtest Nähe und stoßt jeden von dir, der versucht, dir nahezukommen. Du bist voller Widersprüche, fühlst dich manchmal zerbrochen. Da du dich nicht retten kannst, rettest du andere. Manchmal musst du deine Grenzen gehen, um dich selbst noch zu spüren, auch wenn es schmerzt. Schmerz ist das, was du am meisten vor der Welt versteckst, doch er ist da, ein abgrundtiefer, bodenloser Schmerz. Du bist überzeugt davon, diesen Schmerz zurecht zu spüren, ihn verdient zu haben, und wenn jemand dir Schmerz zufügt, dann ist das wie eine erlösende Bestätigung, dass die Welt in Ordnung ist. Jedes positive Gefühl, egal ob Freude, Zuneigung, Zufriedenheit, entsteht in deinem Kopf, wird auf situative Akzeptanz überprüft und danach kontrolliert ausgelebt. Negative Gefühle explodieren in dir gleich einem Vulkanausbruch, überrollen dich mit zerstörerischer Intensität. Manche Gefühle hast du völlig aus deinem Leben verdrängt, weil du sie nicht aushalten kannst. Du lebst, aber du fühlst dich nicht lebendig. Du funktionierst wie eine Maschine. All das würdest du niemals einem anderen gegenüber zugegeben, denn niemand soll je erfahren, wie „kaputt“ du wirklich bist. Wer würde sich dann noch mit dir abgeben?“

Mit diesem Selbstbild begann meine Reise.

Meine Beobachtungen und Gespräche mit anderen Betroffenen haben gezeigt, dass andere ähnliche Selbstbilder haben. Die Details mögen variieren, die Grundstimmung bleibt belastend, Widersprüchlichkeiten sind die Normalität.

Kann ein Nicht-Betroffener das verstehen? Vielleicht ist das möglich.

Kann ein Nicht-Betroffener sich einfühlen? Gute Frage.

Kann man Nicht-Fühlen (emotionale Leere) empathisch erfassen?

Man kann einem Sehenden die Augen verbinden, um Blindheit zu erleben. Oder Hörenden die Ohren zustöpseln, um Taubheit zu erfahren. Aber wie vermittelt man emotionale Leere? Den Zustand, sich selbst nicht zu fühlen?

Kann ein Nicht-Betroffener sich das vorstellen, um es zu verstehen?

An dieser Stelle geht es mir nicht darum, verbindliche Antworten zu finden, sondern Denkanstöße zu liefern.

Vielleicht geht es für Nicht-Betroffene auch eher darum zu begreifen, dass Betroffene ihren ganz individuellen Weg finden müssen, um die Herausforderung Borderline zu meistern. Dieser Weg kann sich sehr von dem unterscheiden, was manchmal von Nicht-Betroffenen als notwendig angesehen wird.

Vielleicht geht es für Betroffene darum, nicht länger zu versuchen, „normal“ zu werden – oder das, was gemeinhin als „normal“ tituliert wird – sondern zu lernen, mit sich selbst zurecht zu kommen und zu sein, wer man nun mal ist.

Das war mein Weg zum Erfolg.

Heute lebe ich aus dem Herzen heraus. Fühle unmittelbar und teile, was ich fühle. Ich liebe mich mit allen Ecken und Kanten, Schrammen und Dellen, Falten am Körper, Macken im Geist und Narben an der Seele. Voraussetzung dafür war, mich selbst verstehen zu lernen, die verborgenen Zusammenhänge (oder Ordnung) im Chaos zu erkennen. Zu akzeptieren, dass ich anders bin und immer anders sein werde – und das auch sein darf. Der allgegenwärtige Schmerz wich einer Melange aus Lebensfreude, Dankbarkeit und Zufriedenheit, unterlegt mit Urvertrauen ins Leben und verfeinert mit einer Prise augenzwinkerndem Humor.  

Meine Reise ist noch nicht zu Ende.

Mit offenen Sinnen durchs Leben schreitend, entdecke ich laufend Wunderbares in mir und um mich. Dass ich mich häufig nicht dem kollektiven Jammern über dies oder das anschließe, hat viele Gründe. Einer davon ist, dass ich danach strebe, alles, was mir begegnet, aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Das eröffnet Perspektiven, die andere mitunter übersehen. Außerdem ändert Jammern und Raunzen selten etwas.

Vielleicht bin ich heute für manche noch schwerer zu verstehen als in meiner „dunklen“ Zeit, denn ich habe kein Problem damit, Borderlinerin zu sein.

Manche Menschen sind das Gegenteil von Rechtschreibkoryphäen und sollten sich deshalb beim Schreiben konzentrieren. Andere haben ein Thema mit Zahlen und werden niemals Mathegenies. Meine Herausforderungen liegen im Erkennen und Beachten von Grenzen, im achtsamen Umgang mit mir selbst, im Unterscheiden von dem, was ich bin und was ich von anderen übernehme (emotional, energetisch, mental).  

Meine Reise zu mir selbst lehrte mich, mein Borderline zu verstehen und daraus etwas lebensbejahendes zu machen. Kann ein anderer mich verstehen? Ich finde, das ist gar nicht nötig. Viel wichtiger ist, dass jeder einzelne Mensch – gleich ob Borderliner oder nicht – sich selbst versteht und mit sich selbst im Reinen ist.