Weil es gerade aktuell ist und wer kennt das nicht: Stress mit dem Partner oder der Partnerin. Es begann ganz klassisch. Das falsche Wort zur falschen Zeit, einer triggert den anderen und schwuppdiwupp – so schnell konnte ich gar nicht schauen – herrschte Funkstille. Fass mich nicht an und wenn du es doch versuchst, dreh ich mich weg. Ablehnung und Zurückweisung. Das ist für niemanden leicht verdaulich. Für mich als Borderlinerin schon gar nicht. Diese Form von Stress öffnet bei mir Tür und Tor für alte Gedanken und Verhaltensmuster. Und es hilft wenig bis gar nichts, mir vor Augen zu halten, dass mein Partner gerade selbst in einem alten Verhaltensmuster feststeckt und nicht anders kann. Wie ich in meinem Beitrag am 15.10.2019 dargestellt habe, kann ich diese Gedanken bewusst denken, und mein Verstand schleudert mir ein handfestes Gegenargument nach dem anderen vor die Füße.
Nein, es braucht für mich andere Wege. Oder besser gesagt:
einen anderen Weg, nämlich raus aus der Wohnung und ab in den Wald. Allein.
Frische Luft. Bewegung. Einfach auf mich wirken lassen, was rundum ist. Natur.
Farben. Raschelndes Laub. Plätscherndes Wasser und mitunter der unerkennbare
Geruch von Pilzen, Moos und feuchter Erde … Wald eben.
Ich öffnete also meinen Geist für die Eindrücke rundum,
bewegte mich vom Problem fort und hin auf einen erwünschten Zustand: Ruhe und
Gelassenheit. Plötzlich war da ein völlig anderer Gedanke, eine Idee für eine
Geschichte. Ich weiß noch, ich begann zu lachen und sagte (ziemlich laut): das
ist echt gut! Naja, Selbstgespräche im Wald hören meistens nur die Bäume, aber
wer weiß, vielleicht waren auch Wanderer in der Nähe.
Jedenfalls weitete sich die Idee aus und am selben Tag noch
schrieb ich eine Geschichte, ein modernes Märchen, das ich demnächst hier
posten werde, aber heute würde es den Rahmen sprengen. Heute geht es mir darum,
etwas anderes bewusst zu machen.
Fast jedes Problem löst in irgendeiner Weise Stress aus.
Sonst wäre es ja kein Problem. Viele von uns versuchen Probleme zu lösen, indem
sie immer tiefer mit ihren Gedanken in das Problem eindringen. Das ist fatal,
denn – vereinfacht und ohne umfangreiche theoretische Hintergrunddarstellung (bitte
vertrau mir, dass ich weiß, wovon ich schreibe) – worauf wir unsere Gedanken
richten, dass verstärken wir, davon ziehen wir mehr in unser Leben, das halten
wir fest, daran klammern wir uns, das bestimmt uns. Dies gilt natürlich und
insbesondere für Probleme. Solange unser Geist damit befasst ist, zu ergründen,
was warum nicht funktioniert, blockieren wir uns selbst.
Bei meinem Spaziergang durch den Wald ging es mir nicht
darum, vor dem Problem davonzulaufen, aber meinen Kopf freizubekommen und meine
Gedanken in einen anderen Bereich zu lenken, um sie letztendlich gezielt auf
das zu richten, was ich haben will: eine Lösung!
Man sagt mir nach, ich sei eine sehr gute Problemlöserin.
Eine Kompetenz, die ich im Laufe vieler Jahre und vieler Katastrophen erworben
habe. Probleme, auch Beziehungsprobleme (und damit verbunden Beziehungsstress),
lassen sich nur schwer lösen, indem der Fokus auf das Problem gelenkt wird,
sondern viel leichter durch eine 180-Grad-Wendung: durch die Fokussierung auf
das, was sein soll! Daraus leite ich dann konstruktive Fragestellungen ab: was
brauche ich dafür? Was kann ich dafür tun? Dies wiederum verändert meine innere
Haltung, meine Ausstrahlung, meine Energie, meine Anziehungskraft, meine
Wirklichkeit … welches Erklärungsmodell auch immer für dich akzeptabel
erscheint.
Eine weise alte Nachbarin sagte einmal zu mir: Alles, was du
beachtest, wird mehr!
Umkehrschluss: alles, das ich nicht beachte, wird weniger.
Das trifft jetzt vielleicht nicht unbedingt auf die Schale
mit Kartoffelchips zu, die bei Beachtung definitiv an Fülle verliert, aber es
trifft mit Sicherheit auf Gefühle und Gedanken zu; auf das, was uns durch
dieses Leben führt.
Halte ich mir schmerzerfüllt vor Augen, wie grausam mein
Partner sich gerade benommen hat, wo er doch besser als alle anderen wissen
müsste, wie tief es mich verletzt … betrete ich mein persönliches Jammertal und
bin in Gefahr, auf seinen verworrenen Wegen noch so einiges wieder zu
entdecken, dass diesen Eindruck verstärkt. Ich würde mich in meinem eigenen
destruktiven Gedanken-Labyrinth verlieren.
Halte ich mir vor Augen, dass es mir in diesem Augenblick
gut geht, ich durch einen farbenprächtigen Herbstwald wandere und noch ein paar
wärmende Sonnenstrahlen vor dem nahenden Winter genießen darf, dann wird es mir
deutlich leichter fallen zu verstehen, dass wir alle nur Menschen sind und hin
und wieder einfach das falsche Wort zur falschen Zeit sagen, ohne böse Absicht.
Einfach nur ungeschickt. Menschlich. Und diese Verstimmung wird vorüber ziehen,
so wie der Nebel, der eben noch oberhalb der Baumwipfel lag und sich über den
Hang hinauf verzogen hat.
Wenn ich nach Hause zurückkehre, wird meine Ausstrahlung
nicht von Sorgen und Schmerz, sondern von Lebensfreude und Gelassenheit künden.
Und manchmal kann das hoch viral sein 😉