Nur ein Mensch

In den letzten Tagen wird mein Selbstbild auf eine Weise geprüft, die ich als äußert unangenehm empfinde. Reden wir Klartext.

Hinter mit liegen einige sehr unausgeglichene Tage. Emotionale Schwankungen ohne erkennbaren Auslöser und damit auch kaum rational erklärbar. Insbesondere mein Lebenspartner reagiert aktuell auf diesen Umstand mit Rückzug und Distanz. Oder einfacher formuliert: er geht mir aus dem Weg. Kein Wort. Keine Berührung. Kein Kuss. Nichts, dass Auslöser für einen Crash liefern könnte. Einerseits ganz gut, aber andererseits … öffnet dieses Verhalten für mich Tür und Tor Richtung destruktiver Gedanken in der Art von: Ich habe wieder einmal etwas falsch gemacht, war zu emotional, habe nicht richtig funktioniert, mich kann man eben nicht leicht aushalten – ich bin das Problem.

Vermutlich wie viele andere Borderliner auch, neige ich dazu, die Verantwortung für alles, was rund um mich passiert, auf meine Schultern zu legen. Ganz besonders wenn etwas nicht zufriedenstellend läuft – wie gerade eben bei mir zuhause.

Mir ist durchaus bewusst, dass es seinerseits keine böse Absicht ist, sondern er einfach – genauso wie ich hin und wieder – Raum für sich selbst braucht um Durchzuatmen. Nur – verstehen ist eine Sache, fühlen eine ganz andere. Sind die gedanklichen Mühlen der Selbstdemontage erst einmal gestartet, mahlen sie langsam, aber ausdauernd. Von der Selbstdemontage bis zur Selbstzerfleischung – so nenne ich die gesteigerte Form jener Gedanken der Selbstentwertung – dauert es dann nicht mehr lange.

Plötzlich geschieht etwas völlig unerwartetes.

Eine Person betritt rein zufällig mein Leben im Rahmen eines beruflichen Gespräches. Weniger als eine Stunde später erzählt mir diese Person, dass sie am Morgen dieses Tages im Rahmen ihrer Motivationsarbeit sich vorgestellt hat, in den folgenden Stunden jemand zu treffen und Informationen zu erhalten, die ihr bei ihren offenen Themen im Leben weiterhelfen. Dann trifft sie mich, bekommt genau das, was sie gesucht hat. Und ich denke mir: Wow!

Plötzlich ist da ein anderer Gedanke, der beginnt, den Mühlen der Selbstdemontage das Wasser zu entziehen. Es gesellen sich weitere Gedanken dazu. Da war doch diese Frau letzte Woche bei der Veranstaltung, die hat ähnliches gesagt. Der Eine, den ich mit meinen Worten ein paar Wochen durch eine schwierige Zeit begleitet habe. Und dann war doch noch jemand … je mehr ich über die vergangenen Wochen und Monate nachdenke, desto mehr Menschen werden mir bewusst, für dich nicht jene war, die sie nicht aushalten konnten, sondern genau das Gegenteil: ich war die, die ihnen etwas geben konnte, dass ihnen in diesem Augenblick geholfen hat. Ich war die Lösung.

Somit stehe ich – wieder einmal – vor einem gedanklichen und gefühlten Widerspruch.

Bin ich das Problem? Bin ich aufgrund meiner Persönlichkeit, meines manchmal unerklärbaren Verhaltens und meiner sicherlich nicht leicht nachvollziehbaren, mitunter überbordenden Emotionalität eine, die man nicht dauerhaft uneingeschränkt aushalten kann?

Bin ich die Lösung? Bin ich aufgrund meiner vielleicht nicht dem Durchschnitt oder der Norm entsprechenden Gedanken- und Gefühlsmuster eine, die anderen jenen Input geben kann, denn sie sonst nicht so leicht finden würden und der etwas Positives zu ihrem Leben beiträgt?

Bin ich irgendwo dazwischen?

Nichts von alle dem?

Nur ein Mensch …

Nur ein Mensch?

Nur ein Mensch!

Auf den Schwingen des Adlers

Die nachfolgenden Zeilen wurden niedergeschrieben am 27.12.95 um 23.45 Uhr in einem Anflug von Übermut, von Lebenslust und Freude.

Nicht frei ist, wer nicht wie des Adlers Schwinge fühlt …

Es gab Zeiten, da war mein Herz hinter Mauern aus Angst verborgen, und nur die Worte aus dieser Feder konnten dem Gefängnis entrinnen. Ich war gefangen.

Es gab Zeiten, da waren die Worte verstummt, das Herz gebrochen, die Feder vertrocknet. Ich war gefangen.

Es gab eine Zeit, da kehrten die Worte wieder, zerstörten die Mauern, die Feder focht gegen unsichtbare Dämonen. Jedes Wort auf diesem Papier wurde niedergeschrieben gleich Nägeln, die von schweren Hämmern in Eichenholz getrieben wurden um dort auf ewig zu bleiben. Jedes Wort ist ein Stein aus der Mauer, für immer an das Papier gefesselt, für immer von mir genommen. Ich bin nur nicht länger gefangen.

Doch wer könnte von sich sagen die Freiheit zu kennen, der nicht weiß wie des Adlers Schwinge fühlt doch am Firmament, wenn die Winde sich an ihr brechen, wenn Thermik und Strömung ihr Auftrieb geben hoch hinauf zu steigen, wenn Zartheit und Schönheit den Gewalten der Stürme widersteht.

Wer ist frei, der nicht weiß, wie der Mäuse Barthaar fühlt, wenn sie durch dunkle Gänge hetzt, verfolgt von den glühenden Augen der Katze dem Tode gewiss und doch unerreichbar für des Jägers Krallen geboren im Schutze der Schlauheit, wissend, wo die Gefahr lauert und ihr entgeht.

Nicht frei ist, wer nicht der Wolken Reisen kennt, gesehen, was sie gesehen, gewesen, wo sie gewesen, im Geiste mit ihnen die Welt umrundet hat und doch zuhause bleib, wer nicht als Regentropfen vom Himmel fiel um über Bäche und Flüsse zum Meer zu gelangen, um durch der Fische Kiemen und der Stürme Wellen zu reisen, um zu den Wolken emporzusteigen.

Wer kann frei sein, der nicht den Gang der Zeit bestimmt, den Lauf der Dinge kontrolliert, Gestern im Heute und Morgen im jetzt erscheint, Dinge zu tun die waren – oder auch nicht – oder sein werden?

Nicht frei ist, wer nicht das Leben lebt wie ihm gegeben, sich zu verstecken hat wenig Sinn, wenn das Versteck nur ein unsichtbarer Mantel ist und dahinter lauert, was ist davor?

Wer kann frei sein, wenn er es nicht will?

Nicht frei ich kann sein, wenn mein Herz ich verstecken muss, nicht frei ich bin, wenn ich ICH nicht bin.

Nicht frei, wenn ich nicht wie des Adlers Schwinge fühl’ …

Jänner 2013: Wir können lange, sehr lange verstecken, wer wir sind. Doch es wird immer Momente geben, da sich die “Wahrheit” ihren Weg an die Oberfläche bahnt – so geschehen im Dezember 1995. Die Freiheit, im Geist zu sein wer wir sind, ist wohl jene Freiheit, die uns niemand nimmt – und die wir dennoch aufgeben, Tag für Tag, um zu sein, wer wir nicht sind. Dann leben wir. Doch LEBENDIG sind wir erst, wenn wir der Lebenslust in uns Raum geben.

September 2019: In den vorangegangenen Beiträgen habe ich immer wieder über Fraktale sinniert. Das Konzept der Freiheit – was auch immer jeder für sich selbst darunter versteht – begleitet mich als Fraktal schon mein Leben lang. Im Dezember 2015 fand einer der größten Umbrüche meines Lebens statt – und ich schrieb über Freiheit. Im Mai 2013 kam es zu dem finalen Showdown, der sich bereits im Jänner abzuzeichnen begann. Heute denke ich wieder über Freiheit nach. Was wird wohl in den nächsten Wochen und Monaten geschehen? Ich bin schon gespannt, wohin es mich diesmal führen wird.

Das Buch, das mein Leben verändert hat …

… ist überraschenderweise keines von den unzähligen, die ich im Laufen von drei Jahrzehnten gelesen habe und die meine stattliche Bücherwand füllen. Es ist das Buch, das ich selbst geschrieben habe. Mein erstes „Buch-Baby“.

Es wurde gestern als Neuauflage zum zweiten Mal veröffentlicht. Bei Filmen gibt es den Director’s Cut. Keine Ahnung, wie man das bei einem Buch nennen soll. Writer’s Type? Wie auch immer. Ich zelebriere diese Neuauflage noch intensiver als die Erstauflage, denn rund ein Jahr danach ist mir mehr denn je bewusst, was JAN/A für mich verändert hat.

Kurzer Zeitsprung in die Zeit vor JAN/A und noch weiter zurück, in die späten 1980er Jahre. Damals konnte ich in den Armen eines Mannes liegen und … bleiben wir jugendfrei 😉 … ohne das Geringste dabei zu fühlen, weder körperlich noch emotional. Für mich war dieser Zustand Normalität, etwas anderes unvorstellbar. Über die Jahre lernte ich eine geistige Vorstellung von Emotionen zu kreieren, aber von echtem Fühlen war ich noch weit entfernt.

All die Bücher, die ich gelesen habe, waren zu 99% dem Thema Selbstfindung gewidmet in allen Facetten, die es gibt – und das sind viele! Seminare, Ausbildungen, Selbsterfahrung, Familienaufstellung, Therapie, Körperarbeit, Energetik… Ich habe so einiges gemacht im Bereich Kommunikation und Mentaltraining, als Lernende und Lehrende. Glaubenssätze umzuschreiben wurde irgendwann ein lustiges Hobby, aber ins Fühlen kam ich dennoch nicht. Zu stark und übermächtig werkte mein kontrollierender Verstand – bis ich 2017 kurz vor dem 3. Burnout stand. Ich brauchte ein Ventil und begann zu schreiben.

Ich lies mich zu Beginn zögerlich, schon bald hemmungslos in jene Welt fallen, die ich jahrzehntelang in mir unterdrückt und vor allen anderen verborgen hatte: die Welt meiner Fantasie – und meiner Emotionen.

JAN/A ist eine hochemotionale Geschichte. Sie beginnt in jenem Schmerz, den ich im Oktober 2017 empfunden habe, doch schon bald gesellen sich andere Gefühle dazu – wie Sonnenstrahlen, die nach dem großen Regen die Wolken vertreiben. Was die Emotionen und Gedanken betrifft, ist JAN/A 100% authentisch. Ich bin JAN/A.

Vielleicht liest sich das hier für jemanden, der nie entkoppelt von seinen Gefühlen gelebt hat, völlig irre und schlichtweg nicht nachvollziehbar. Deshalb ein Versuch, es zu verbildlichen: Stell dir vor, du lebst dein Leben lang im Halbschlaf in einem Nebel, der alles dämpft. Und plötzlich legt sich ein Schalter um, du stehst mitten im Licht und die Welt hat tausende von Farben. So ungefähr nehme ich es wahr.

Natürlich haben die Jahrzehnte des Lesens, der Selbsterfahrung etc. ihren Teil dazu beigetragen, jenes Fundament aufzubauen, auf dem JAN/A letztendlich loslegen konnte. Dennoch – mein dominanter Verstand, der zwar Glaubenssätze beliebig umprogrammieren konnte, aber nicht fühlen – stand mir all die Zeit im Weg, bis ich begann, meine Geschichte zu erzählen. Etwas in mir (mein Dämon?) trickste mich aus, denn aufgrund meiner Mental-Ausbildungen wusste ich, dass unser Unterbewusstsein nicht zwischen Realität und Fantasie unterscheidet und beides für bare Münze nimmt. Genauso funktionieren Autosuggestionen & Co. Genauso kann man lernen barfuß über glühende Kohlen zu laufen – was ich übrigens auch schon des Öfteren gemacht habe.

JAN/A ist für mich eine komplexe Autosuggestion, die mein inneres Bild auf der Ebene der inneren Werte (siehe Beitrag „Immer und immer wieder“) umgeschrieben hat. Nicht über den Verstand und Denken, sondern ausschließlich über Fühlen!

Aber nicht nur das. Durch den Austausch mit Therapeuten weiß ich mittlerweile auch, dass ich sehr effizient die Methode des inneren Dialogs bzw. eine Teilearbeit angewandt habe. Was ich hier so lapidar in wenigen Absätzen beschreibe wäre ausreichend inhaltlicher Stoff für ein dicht gepacktes Wochenendseminar. Wer weiß, vielleicht mache ich das auch irgendwann einmal. Oder ich schreibe ein Buch darüber. Für heute zelebriere ich einfach die Freude am Ereignis.

JAN/A, das Buch, das mein Leben verändert, ist ab sofort in der erweiterten Fassung, die meine Welt des Fühlens (fast) vollständig erlebbar macht, zu haben und jeder kann sich in diese Welt fallen lassen. Das „Fast“ bezieht sich übrigens darauf, dass in Band 2 noch ein paar neue Aspekte dazukommen, aber mehr wird noch nicht verraten. JAN/A war immer als Trilogie gedacht.

Der Buchtrailer verrät ein wenig vom Inhalt, aber viel mehr von der Stimmung, Dynamik, Emotionalität …

https://biteable.com/watch/book-trailer-jana-1-2347919

… jenes Buches, das mein Leben verändert hat – für immer.

Immer und immer wieder?

Die Zeitfraktale lassen mich gedanklich einfach nicht los. Also dann …

Wer kennt sie nicht, die Zeitschleifen? Mit voranschreitendem Alter werden sie immer häufiger sichtbar. Das kann manchmal ganz schön ernüchternd sein, wenn man das fraktale Ereignis in der Zeitlinie mit dem Prädikat „nicht schon wieder. Hab ich denn gar nichts dazugelernt?“ versehen darf.

Natürlich kann es auch diametral anders und damit positiv im Sinne von „alles schon erlebt, das geht auch vorüber“ sein.

Je älter die werde, desto häufiger erlebe ich diese „Murmeltiertage“. Alles schon einmal erlebt …

Und dann passiert plötzlich etwas völlig unerwartetes. Mitten in einer zeitlichen (Jammer-)Runde stellt jemand eine spektakulär neue Frage, die meine Gedanken schlagartig aus ihrem gewohnten Kurs werfen. So wie jene beiden Worten vergangene Woche: What’s wrong? Was lief falsch? Alles? Nichts? Tagelang sinnierte ich über diese Frage wie über einen Koan, der erschaffen wurde um zu keiner Lösung zu führen sondern einen (Um-)Denkprozess einzuleiten.

Also, was war falsch? Oder: was war das Problem?

Die Antwort, die ich darauf fand, war überraschend und erschreckend zu gleich: Nichts! Es war nichts falsch. Oder Umkehrschluss: Das Problem bestand darin, dass es kein Problem gab.

Über Jahrzehnte auf Problemlösung gedrillt, hatte ich offenbar das Konzept des „problemfreien Lebens“ in der untersten Schublade abgelegt, noch unzugänglicher als meine Glaubenssätze.

Um das nachvollziehbar zu machen, hier ein Mini-Exkurs in die Theorie der Kommunikation – und damit ein neuerliches zeitliches Fraktal, dann als Kommunikationstrainerin betete ich das Eisberg-Modell lange Zeit rauf und runter. Es gibt gefühlte 10.000 Visualisierungen davon, die häufig leicht voneinander abweichen. Das Prinzip dahinter ist jedoch dasselbe: Je weiter etwas über der Wasseroberfläche liegt, desto sichtbarer und damit bewusster ist es. Und natürlich umgekehrt auch.

Eisberg-Modell

Zu unterscheiden sind Glaubenssätze und innere Werte. Erstere sind mit ein wenig Übung und Ausdauer relativ einfach zu identifizieren und zu verändern. Die Betonung liegt auf RELATIV. Am Anfang meiner Selbstfindungsbemühungen mutete es mehr nach Sisyphos-Arbeit an, deshalb waren es ja Bemühungen, also Mühe. Aber bekanntlich macht Übung den Meister. Weshalb ich auch überzeugt davon war, einen Glaubenssatz in der Art von „Probleme gehören zu meinem täglichen Leben und ohne sie geht es nicht“ längst abgelegt und umgeschrieben zu haben.

Nun, beim Glaubenssatz war mir das ja auch gelungen. Woran es scheiterte, waren die inneren Werte, die manche auch als unbewusste Glaubenssätze betiteln. Dort crashte es gewaltig. Diese inneren Werte liegen so tief in uns verborgen, dass es fast unmöglich ist, allein Zugang zu ihnen zu bekommen. Meist braucht es dafür einen Spiegel, der uns für die Nase gehalten wird, so wir mir an diesem Tag mit den beiden Worten: What’s wrong?

Nichts. Nicht mehr. Nur ein läppischer innerer Wert zu verändern. Keine Ahnung, wann und wo mir dieser in meiner frühen Kindheit in mein Unterbewusstsein gepflanzt worden war, aber eines weiß ich mit Sicherheit: ich werde einen Weg finden, es als mein frei gewähltes Weltbild anzunehmen, dass in meinem Leben alles wunderbar laufen darf.

Mein Tipp an alle, die sich mit Glaubenssätzen herumschlagen und wo es nicht und nicht klappen will (fraktale Wiederholung): schaut mal eine Etage tiefer. Vielleicht liegt die Ursache (noch) im dunklen Keller verborgen.

Ein Rätsel am Montag

Fraktale sind etwas Faszinierendes für mich. Zum einen mag ich diese Bilder, die sich aus einem immer wieder kehrenden Muster zusammensetzen, wie jenes oben in diesem Beitrag. Ich kann stundenlang darin versinken und dabei völlig zur Ruhe kommen.

Zum anderen gibt es ja auch die Theorie der Zeitfraktale, also wiederkehrender Muster in der Zeitrechnung. Hoch faszinierend, aber zu umfangreich für hier.

Für mich gibt es darüber hinaus auch fraktale Gedanken. So unterschiedlich sie auf den ersten Blick sein mögen, in jedem einzelnen findet sich die Botschaft des großen Ganzen. Genau genommen jene Botschaft, die ich mit allem, was ich schreibe, transportieren will. Es braucht allerdings einen Blick zwischen die Zeilen und ein wenig Kontemplation, um den gemeinsamen Nenner zu erkennen. Bereit für eine Herausforderung?

Hier nun vier Gedanken von mir, die ich Anfang dieses Jahres in die Welt gesetzt habe:

„Die Welt macht dem Platz, der weiß, wohin er geht.“ Dieser Spruch hing einst in meinem Arbeitszimmer. Per se richtig, aber wohin ging ich? Was ist mein Ziel, fragte ich mich mehr als einmal? Weg von HIER oder zu auf das DORT? Weg von dem, was BELASTET, BEDRÜCKT, SCHMERZT … oder auf das zu, was FREUDE bereitet, sich GUT ANFÜHLT, BEREICHERT? Wo auch immer Dein Ziel liegt, der Fokus liegt auf den GROSSBUCHSTABEN… und davon holst Du mehr in dein Leben. Deshalb nochmal die Frage: Wohin gehst Du?

Wieder ein Spiel mit Worten, und es ist wert, ein wenig Zeit darauf zu investieren: Wann bin ich empfindsam? Und wann empfindlich? Der subtile Unterschied wird selbst beim Lesen spürbar. Aber wo liegt die Grenze? Gibt es überhaupt eine starre Grenze? Oder mehr einen fließenden Übergang? Oder vielleicht einen mäandernden Grenzfluss zwischen zwei Gemütszuständen, der abhängig von der Beschaffenheit des Geländes mal sanft von sich hier plätschert, mal zu einem reißenden Strom wird? Ein Strom namens Empfindung, der uns bestimmt – oder doch wir ihn?

Ein Selbstversuch zum Thema Lächeln: bei mieser Stimmung ein Lächeln aufsetzen? Ist machbar, aber anstrengend mit Potenzial auf einen Muskelkater. Ähnlich dem Gefühl, beim Schifahren zu lange in der Hocke zu bleiben, nur eben im Gesicht. Noch ein Grund mehr, gekünsteltes Lächeln bleiben zu lassen. Ein echtes Lächeln strengt weniger an.

Wenn ich aus dem Fenster blicke, sehe ich vor mir die glühende Sonnenscheibe über den Dächern von Wien versinken, umrahmt von dem ausragenden Arm eines Baukrans, der sich wie ein Scherenschnitt am Horizont abzeichnet. Es ist Donnerstag, für diese Woche mein letzter „Arbeitstag im bürgerlichen Leben und Job“, und obwohl es eine arbeitsreiche, intensive Woche war, fühle ich eine umfassende Zufriedenheit, etwas, dass ich als meinen inneren Ozean der Gelassenheit bezeichne. Wenn ich so darüber nachdenke, wie ich mich von der Hektik des Alltags ausklinken und auf dieses Surfbrett der Ruhe wechseln konnte, dann gestehe ich offen und ehrlich: keine Ahnung! Es geschah einfach als ich aus dem Fenster blickte, während vor mir die die glühende Sonnenscheibe über den Dächern von Wien …

Welche gemeinsame Botschaft findest du hinter diesen vier gedanklichen Fraktalen?

Darüber spricht man nicht …

Warum eigentlich? Es gibt jede Menge Tabu-Themen in unserer Gesellschaft. Manche durchaus nachvollziehbare. Wer will schon wissen, was andere hinter verschlossener Tür in ihrem Schlafzimmer so anstellen, dass ist wirklich Privatsache. Aber auch über Einkommen, Gesundheit oder altersbedingte Veränderungen wird gerne der Mantel des Schweigens ausgebreitet.

Ich nehme heute zwei dieser Themen und setze sie noch dazu in Verbindung zueinander. Also, Borderline-Syndrom und Klimakterium (oder umgangssprachlich auch „Wechsel“ genannt, also jene Phase des Lebens, in der Frauen starke hormonelle Veränderungen durchleben). Nachdem ich heuer definitiv in der zweiten Hälfte meines Lebens angekommen bin – mit 50 gibt’s daran rein rechnerisch keinen Zweifel – erlebe ich nunmehr beides sehr intensiv.

Der Drache im Bild soll meine liebevoll humoristischen Betrachtungen unterstreichen.

Also nochmal, Borderline und Klimakterium. Für mich fühlt sich das an wie „16 forever“, nur dass ich mich statt mit Pickeln im Gesicht mit ergrauender Haarpracht (wofür es – der Chemie sei Dank – funktionierende Lösungen gibt) herumschlage. Der Push up-Bra dient nicht mehr dazu den Eindruck von „mehr“ zu erwecken, sondern die Auswirkungen der Gravitation auf den Körper zu verschleiern. Ein kleiner Flirt fühlt sich immer noch toll an, nur sollten die Männer dafür wie früher 10 Jahre älter als ich, sondern eher 10 Jahre jünger sein, damit das Ego des Drachen gestreichelt wird. Aber darüber hinaus unterscheiden sie die beiden Lebensphasen deutlich weniger als ich erwartet hatte. Emotional ähnle ich häufig mehr einer Teenagerin als einer gereiften Person.

In meinen Ohren klingen noch die Worte einer Psychotherapeutin, die vor einigen Jahren zu mir gesagt hat: Borderline wächst sich im Laufe der Zeit aus. Ha! Vielleicht bei anderen. Definitiv nicht bei mir.

Überbordende Gefühle, mangelnde Impulskontrolle, extreme Empfindlichkeit … alles noch vorhanden. Eines stimmt schon: ich habe gelernt, damit besser umzugehen, schneller und effektiver gegenzusteuern um verheerende Auswirkungen wie in meiner Jugend zu vermeiden, aber weg ist da gar nichts. Genau genommen finde das sogar gut. Meine Lebenserfahrung hilft mir, mit all dem gut zu Recht zu kommen. Zu „all dem“ gehört auch, insbesondere die positiven Emotionen bewusst intensiv zu erleben, auf allen Ebenen … und damit deute ich etwas an, dass ich jetzt nicht in dieser Form ausspreche, sonst würde ich damit an einem Thema kratzen, das ich mir für später aufheben möchte.

Ehrlich, mit 16 konnte ich mir nicht annähernd vorstellen, was in der „Drachenzeit“ so alles möglich ist. Aber vielleicht liegt es auch am Borderline? Oder an beiden in Kombination?

Ich genieße es, mich auch mit 50 manchmal wie 16 zu fühlen. Oder 25. Vielleicht auch 30, aber keinen Tag älter als 35. Bitte richtig verstehen: ich habe keinen Jugendwahn. Ich will NICHT noch einmal 16 sein und den ganzen Stress des „sich im Leben seinen Platz finden“ durchlaufen. Es passt schon so, wie es ist. Dennoch – es ist verdammt cool, dieses Gefühl des „alles ist möglich“ und „die Welt wartet nur auf mich“ immer noch erleben zu können. Sich einfach mal so in eine Fantasie fallen lassen zu können. Zu träumen. Zu hoffen. Nochmal von vorne anzufangen (so wie ich gerade als Autorin). Die ganze (destruktive) Energie meines Borderline in einen (konstruktiven) Prozess zu stecken – einfach so. Weil ich es kann. Weil ich bin, wer ich bin.

Ich stehe am Beginn meines zweiten Lebens. Ich werde keine Kinder (zumindest keine biologischen) mehr in die Welt setzen. Vielleicht eine Menge geistiger Kinder (Bücher)? Vielleicht sogar zu Themen, über die man nicht spricht? Pfeif drauf. Geschwiegen habe ich lange genug. Ich glaube, es würde uns allen guttun, würden wir manches offen ansprechen und ins Licht der Wahrnehmung holen, was sich sonst in der Dunkelheit der Verdrängung aufstaut und irgendwann unkontrolliert ausbricht. Wie ein Vulkan. Oder ein Drache, dem man zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. Drachen brauchen nämlich viele Streicheleinheiten, dann können sie ganz anschmiegsam sein.

Ich kann heute über alles reden und schreiben. Mein halbes Leben liegt hinter mir. Was auch immer noch vor mir liegt – ich freue mich darauf.

Zeit der Stille

… so wird der Herbst manchmal auch genannt, weil die Natur zur Ruhe kommt, das Leben sich auf die stille Zeit des Winters vorbereitet. Starten wir ein wenig philosophisch. Für mich persönlich ist der Herbst eher eine Zeit des Aufbruchs und der Veränderung.

Im September 2018, also vor einem Jahr, wurde mit „JAN/A – Eine [nicht]ganz alltägliche Liebesgeschichte“ mein erstes Buch veröffentlicht.

Im Oktober 2017 begann ich mit dem Schreiben und startete damit meinen derzeit noch laufenden Selbstfindungs- und Erneuerungsprozess.

Es bietet sich also an, ein wenig zu reflektieren. Dieser Gedanke kam mir, als ich das obige Bild auf pixabay.com entdeckt hatte. Bilder, Namen und Musik haben in meinen Geschichten immer einen besonderen Stellenwert, weil sich dahinter stets eine oder mehrere subtile Botschaften verbergen, die es zu entdecken gilt. Ich verrate also nie alles beim ersten Mal.

Wenn ich zurückblicke, wird mir bewusst, wie sehr sich meine emotionale Wahrnehmung der Welt verändert hat. Damit meine ich nicht, ob etwas für mich positiv oder negativ ist. Diesbezüglich bin ich schon seit langem sehr philosophisch unterwegs und kann viele unterschiedliche Standpunkte in mir vereinen. Ich meine ganz einfach die Intensität eines Gefühls. Es ist fast, als hätte ich Jahrzehnte meines Lebens unter einer Art Glassturz oder in einem Nebel verbracht. Oder in der Dunkelheit der Abgrenzung von meinen Gefühlen. Nähe, eine Umarmung – alles fühlt sich intensiver an als je zuvor. Und ich scheine den Gipfel noch nicht erreicht zu haben, denn diese Wahrnehmungen verstärken sich von Woche zu Woche.

Definitiv verändert hat sich in diesen beiden Jahren, was ich für mich als richtig und passend befinde. In der Vergangenheit bin ich oft blind einem „Meister“ gefolgt, habe Lösungen von der Stange für meine Probleme gesucht. Dazu griff ich ein Buch oder eine Methode auf und habe diese stur nach Schema umgesetzt, ganz gleich, was meine innere Stimme dazu sagte. Ich wollte die Lösungen meiner Herausforderungen erzwingen. Hat nicht funktioniert. Heute pfeife ich auf das, was andere sagen, wie es funktionieren könnte – ich folge meiner inneren Stimme. Die hatte nämlich immer Recht – auch in der Vergangenheit. Dummerweise hat mein rechthaberischer Verstand samt Ego sie überrollt.

Es braucht manchmal ein wenig Zeit und Stille, um in dem energiegeladenen Kern in mir jene Stimme zu finden, die mit Hirn und Herz agiert und auf mich selbst aufpasst, die überhöhte Ziele schon mal hinterfragt und Ruhepausen tatsächlich durchsetzt.

In der Stille höre ich meine innere Stimme. Jahrzehntelang wollte ich sie nicht hören, weil ich ihre Botschaft nicht glauben konnte. In den letzten beiden Jahren habe ich gelernt, darauf zu achten und zu vertrauen, dass der beste Lehrmeister, denn wir haben können, immer noch wir selbst sind. Denn niemand sonst auf dieser Welt kennt mich so gut wie ich selbst. Auch wenn das ein klein wenig ungemütlich ist, weil damit auch die Verantwortung bei mir selbst liegt und nicht einfach an jemand anderes abgeschoben werden kann. Aber was ist schon ein wenig Ungemütlichkeit im Vergleich zu Jahrzehnten in der Dunkelheit?

Also, voller Lebensfreude hinein in diesen goldenen Herbst, in das Jahr 3 nach meiner geistigen Wiedergeburt.

Vertrauen

Was ist das eigentlich – Vertrauen? Im Moment würde ich es als ein Gefühl beschreiben, das ein wenig den Hals zuschnürt, das Atmen erschwert und mich meinen Herzschlag im ganzen Körper spüren lässt. Genau genommen ist das noch die Vorstufe zum eigentlichen Vertrauen, nämlich die nach innen gerichtete Frage: Darf ich vertrauen? Kann ich vertrauen? Will ich vertrauen?

Mein Vertrauen wurde im Laufe meines Lebens auf vielfältige Weise missbraucht und ausgenutzt, weshalb ich eigentlich sehr sorgsam damit umgehen sollte, aber andererseits möchte ich anderen Menschen vertrauen. Misstrauen fühlt sich für mich nämlich schrecklich an. Bedrückend, beklemmend, einengend … Angst bis hin zur Panik. Ständig diese Fragen, die durch den Kopf kreisen: Kann ich sicher sein? Beweise? Was kann im schlimmsten Fall passieren? Werde ich wieder verletzt und ausgenutzt werden?

Zwei mächtige Gladiatoren treten zu einem Kampf in mir an: auf der einen Seite die Lebenserfahrung – oh yeah, da gibt es etliche Beispiele dafür, nichts und niemandem mehr zu vertrauen, reichen sich Zynismus und Sarkasmus die Hand um vereint die Saat des Zweifels auszusäen. Auf der anderen Seite der unerschütterliche Glaube an das Gute in den Menschen und ein nicht zu erklärendes Hoffen auf ein transzendentes Wirken hinter allem, was geschieht. Als Richtrichter fungieren die mir wohlbekannten Modelle vom „Gesetz der Anziehung“ bis zur „Sich selbsterfüllenden Prophezeiung“, vom „Schöpfer der eigenen Wirklichkeit“ bis zur „Führung durch eine höhere Ordnung“. Verstand vs. Bauchgefühl. Wer wird mich schützen? Oder beschränken? Ausgrenzen?

Vor langer Zeit besaß ich ein Deck Tarot-Karten. Es ging verloren, aber der Spruch auf einer Karte blieb mir im Gedächtnis: „Zweifel sind fruchtbar, ewige Zweifel zerstörerisch.“

Ich will nicht mehr zweifeln. Ich will vertrauen. Mich wieder leicht und ins Leben eingebunden fühlen.

Ganz werde ich meinen kritischen Verstand wohl nie ausblenden. Immerhin bewahrt er mich vor zu großem Leichtsinn, aber ein wenig werde ich seine Herrschaft über mich schwächen. Und wer weiß, vielleicht wird mich das Leben positiv überraschen? Oder die Menschen? Ich freue mich darauf.

Drück den Knopf …

… und los geht’s. Kennen wir alle von Maschinen und Spielekonsolen. Auch wir Menschen haben solche Startknöpfe, die Programme in uns aktivieren können. Ein sogenannter „Trigger“ kann längst vergessen geglaubte Emotionen in die Gegenwart holen, uns fühlen lassen, was wir schon einmal gefühlt haben, genauso intensiv wie beim ursprünglichen Ereignis. Ein Trigger kann Verhaltensmuster auslösen, die wir „eigentlich“ nicht setzen wollten in diesem Augenblick. Ohne mich zu sehr in der Theorie zu verlaufen (die kann man auf vielen Seiten, z.B. unter #NLP nachlesen), ein Trigger kann eine Reaktion auslösen und tut dies zumeist auch. Mitunter eine völlig irrationale und überbordende Reaktion.

Genau das ist mir vor einigen Tagen passiert. Obwohl ich die Theorie in und auswändig kenne, meine eigenen Trigger seit Jahren analysiere und dran arbeite sie zu überschreiben – hat es mich erwischt. Es waren mehrere Ereignisse dicht hintereinander, die auf einen ganz bestimmten Trigger bei mir einhämmerten bis … ja, bis meine Verteidungsprogramme reflexartig hochfuhren und mein Drache zu einem Rundumschlag ausholte. Ich stelle dies bewusst übertrieben theatralisch dar, denn so fühlte es sich für mich in diesem Augenblick an. Weit über jeder „emotionalen Norm“ (sofern es so etwas überhaupt gibt), jenseits von rationalem Denken. Handlungen, die im Schmerz geboren wurden und zu noch mehr Schmerz führten.

Warum erzähle ich hier davon, dass es mich „voll auf die Schnauze gehaut hat“? Die ganze Zeit über schreibe ich über Selbstliebe, Umarmung des Lebens, im Hier und Jetzt zu leben … und dann das?

Ja, das gehört dazu. Hinfallen gehört zum Leben.

Ebenso wie wieder aufstehen. In meiner aktiven Zeit als Trainerin für Kommunikation, Motivation und einiges anderes gehörte ich auch zu jenen, die gerne an den negativen Dingen vorbeischauten. Glaub an dich selbst, und alles wird gut. Ich betete dieses Mantra runter und rauf. Und ja, es ist wichtig an sich selbst zu glauben, sonst macht das nachfolgende keinen Sinn. Aber es braucht auch den zweiten Schritt: Tun! Ohne Umsetzung bringt der ganze Glaube nichts.

Gewiss, der Glaube kann Berge versetzen, wenn man eine Schaufel in die Hand nimmt.

Mich hat es voll auf Schnauze gehaut, und leider kamen dabei auch andere in meinen Explosionsradius. Das belastet mich mehr als die Tatsache, dass ich hingefallen bin. Ich kann ja einfach wieder aufstehen, wie bisher auch. Nase putzen, Krönchen zurechtrücken, analysieren, verändern, lernen … TUN!

Es bleiben Scherben zurück, die ich nicht wieder reparieren kann. Das stimmt mich traurig.

Dennoch – ich stehe zu mir selbst, auch wenn der Blick in den Spiegel gerade etwas schwer fällt. Ich bin wer ich bin. Ich liebe mich wie ich bin. Keine Erfüllungsbedingungen, kein Wenn und Aber. Das haben andere in der Vergangenheit praktiziert. Wohin hat es geführt?

So manches in meinem Leben stand nie auf meiner Wunschliste, trotzdem ist es geschehen. Manches wird vielleicht noch geschehen. Wie viel können wir wirklich beeinflussen? Vielleicht wird morgen wieder jemand unabsichtlich einen Knopf bei mir drücken?

Rational gedacht, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, erneut hinzufallen. Pragmatisch betrachtet, wird die beste Option sein, wieder aufzustehen. Emotional hilft dabei das Bewusstsein, dass mein Drache nicht wirklich böse ist, nur verwundet, sich nach Geborgenheit sehnt, nach einer Umarmung – und Liebe. All dies kann ich meinem Drachen geben – und mir selbst. Vielleicht nicht auf Knopfdruck, aber wer will schon immer auf Knopfdruck funktionieren?

Ein Märchen am Montag Morgen

Meine moderne Version des „hässlichen Entleins“: Es war einmal ein Mädchen, das jeden Blick in den Spiegel scheute, denn was sie darin sah, war nicht das, was sie erblicken wollte und was kaum jemals auf dem Titelblatt eines Hochglanzmagazins zu sehen sein würde. Nichts wünschte sie sich mehr, als dies verändern zu können, doch die Zeit zog ins Land, hinterließ ihre Spuren, und nie fand sich genug Geld, um das Bild, dass dieses Mädchen in seiner Vorstellung von sich hatte, Realität werden zu lassen. Sie fragte sich, was andere Menschen an ihr fanden, denn sie war weder reich noch schön, und – so glaubte sie zumindest – auch nicht liebenswert.

Eines Tages, als sie ihr Spiegelbild im stillen Wasser eines dunklen Sees beobachtete und sich wieder einmal fragte, was andere wohl bei ihrem Anblick denken mochten, flüsterte ihr der Wind eine Antwort ins Ohr: „Jene, die mit den Augen blicken, sehen, was Du siehst – und jene, die aus ihrem Herzen auf Dich blicken, sehen, wer Du wirklich bist; das in Dir in eine Schönheit ist, der keine Zeit der Welt etwas anhaben kann: Liebe; und ein Reichtum, der keinen Mangel fürchten muss: Bedingungslosigkeit.“

An diesem Abend blickte das Mädchen in den Spiegel, und diesmal blickte sie tiefer, vorbei an der Oberfläche, die so leicht zu täuschen vermag, die vergänglich ist und ab diesem Augenblick ohne Bedeutung war, denn hinter all dem entdeckte sie das, was die anderen schon längst gefunden hatten – und sie lächelte, während eine einzelne Träne sich glitzernd aus ihrem Augenwinkel löste. An diesem Abend verwandelte sich das hässliche Entlein in einen – nein, keinen schönen Schwan, wer glaubt denn an Märchen? –  in einen Adler, der sich leicht wie eine Feder in die Lüfte erhob, getragen von etwas, dass manche wohl „bedingungslose Liebe“ nennen würden. Und wenn das Mädchen nicht gestorben ist, dann schreibt sie heute vielleicht Geschichten, wer weiß?