… dagegen, getriggert zu werden – auch wenn ich es mir hin und wieder sehnlichst wünsche. Vor allem, wenn es mich – wie zuletzt – zwei Tage emotional völlig durch den Wind schießt.
Meine Mutter ist, wie sie ist. Und so war sie, seit ich sie kenne. Eigentlich sollte es mich längst nicht mehr so berühren, wie es das immer noch tut. Ich fühlte mich von ihr nie angenommen oder gar wertgeschätzt. Meine Bedürfnisse zählten nicht für sie. Stattdessen gab und gibt es Erwartungen an mich.
Es macht einen Teil von mir ungeheuer wütend.
Hinter dieser Wut steckt eine Menge Frustration, Resignation und Hilflosigkeit. Am liebsten würde ich mich umdrehen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
Das kann ich aber nicht.
Angesichts ihrer derzeitigen geistigen Verfassung ist es eine durchaus realistische Option, dass meine Mutter in absehbarer Zeit ihr Leben nicht mehr im Griff haben wird. Jemand wird sich um ihre Angelegenheiten kümmern müssen.
Ein Dilemma tut sich auf.
Das kleine Kind in mir, dass sich seit mehr als einem halben Jahrhundert nach einem Hauch von Anerkennung oder gar Liebe sehnt, schüttelt wütend den Kopf.
Die Erwachsene, die all das längst in ungezählten Therapiestunden analysiert und integriert hat, rational verstehend, versucht zu beruhigen.
Wie einfach wäre es, dass kleine Kind zur Seite zu schieben, das Gefühl zu unterdrücken und den Verstand dominieren zu lassen. So einfach mache ich es mir nicht. Jedes Gefühl hat seine Berechtigung. Mein inneres Kind ist nicht grundlos wütend. Diese Wut verschwindet nicht durch rhetorische Kunstgriffe der Rechtfertigung oder des Schönredens. Auch nicht nur den (aus meiner systemischen Sicht bedenklichen) Akt des Vergebens. Diese Wut darf sein – und ich will sie meinem inneren Kind keinesfalls nehmen.
Ganz im Gegenteil. Ich will ihm etwas geben. Dass, was in der Vergangenheit gefehlt hat: Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Anerkennung, Liebe. Vielleicht wird es einige Zeit dauern, doch ich bin überzeugt, mein inneres Kind wird seine Wut selbst auflösen. Ich kenne mein inneres Kind und mich selbst. Wut ist bei uns nur situationsbezogen, wie aktuell durch den Trigger. Daher wird diese Wut auch wieder verschwinden. Sie zu unterdrücken, um das schneller hinzubekommen, wäre kontraproduktiv.
Druck erzeugt Gegendruck.
Das Unterdrücken von unerwünschten Gefühlen hat in meiner Vergangenheit zu emotionalen (Vulkan) Ausbrüchen geführt.
Mein Wunsch nach Anerkennung im Außen (durch meine Mutter) wird vielleicht niemals erfüllt, doch ich kann mir (meinem inneren Kind) selbst Anerkennung geben und bei ihm bleiben, wenn es wütend alle von sich stößt und davonlaufen will, weil es einfach nur weh tut…
… so wie vor wenigen Tagen, als meine Mutter wieder einmal das getan hat, was sie schon so oft getan hat. Vermutlich war es nicht das letzte Mal, von ihr getriggert worden zu sein. Wird es irgendwann nicht mehr weh tun? Es wäre schön, aber ich zweifle dran. Vielleicht werde ich irgendwann immun, oder gelassen genug 😉 hoffentlich niemals abgestumpft. Bis es soweit ist, hilft eine Tasse Tee mit viel Liebe um die flatternden Emotionen wieder zu beruhigen.
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