EIN THEMA WIE KEIN ANDERES: TOD

Nichts gehört derart zum Leben wie der Tod. Er ist die natürlichste Sache der Welt, dennoch scheuen viele das Thema. Ich fing vor vielen Jahren (unfreiwillig) an, mich damit zu beschäftigen. Damals litt ich an Panikattacken verbunden mit Todesangst, die wie aus dem Nichts auftraten. Einmal saß ich in meinem damaligen Job am PC, arbeitete vor mich hin, als ich von einer auf die andere Sekunde das Gefühl hatte, nicht weiterleben zu können verbunden mit einer enormen Angst vor dem Sterben. In den Jahren zuvor hatte den langsamen Sterbeprozess einiger Verwandter miterlebt, und die Verdrängung in meinem Umfeld. Da war niemand, mit dem ich über meine eigene Angst vor dem Sterben hätte sprechen können. Also begann ich, Bücher über das Leben nach dem Tod zu lesen – vielleicht würde mir das die Angst nehmen. So einfach war es dann doch nicht, aber ich fand für mich zurück in einen „natürlichen“ Umgang mit dem Thema.

Nichts ist so gewiss im Leben wie der Tod. Der erste Atemzug definiert, das es auch einen letzten geben wird – früher oder später. Man nennt den Tod den großen Gleichmacher, weil er jedem bestimmt ist, unabhängig von Reichtum oder Macht.

Frühere Kulturen haben sich intensiv mit dem Tod und dem, was danach (vielleicht) kommt, befasst. Der Tod war ein zentraler Angelpunkt des Lebens. Man lebte in dieser Welt, um sich auf die nächste vorzubereiten. Heute wird das Thema in einer jugendverliebten Gesellschaft gerne an den Rand geschoben, möglichst weit weg. Doch dem Tod kann niemand entkommen – auch wenn viele so leben, als würde es ewig weitergehen. Das tut es nicht. Und mal ehrlich, ewiges Leben ist kaum erstrebenswert. Es gibt etliche Bücher und Filme, die sich spekulativ damit auseinandersetzen, wie ewiges Leben verlaufen könnte – kein einziger kommt zu einem Ergebnis, das aus meiner Sicht wirklich reizvoll ist.

Meine weise Nachbarin Lucy sagte einmal zu mir: „In der ersten Hälfte des Lebens geht es um Wachstum, Aufbau, seinen Platz im Leben zu finden und eine Familie zu gründen. In der zweiten Hälfte sollte es darum gehen, sich darauf vorzubereiten, all dies wieder loszulassen.“ Der Konjunktiv impliziert bereits, dass es (insbesondere in unserer Gesellschaft) eher selten der Fall ist. Wer beschäftigt sich schon frühzeitig mit seinem eigenen Ableben? Dabei liegt darin eine unterschätzte Chance.

Je mehr mir bewusst ist, dass meine Zeit hier auf Erden begrenzt ist, desto weniger möchte ich sie verschwenden – so lautet mein Zugang zu meiner eigenen Sterblichkeit. Wenn weniger Tage vor mir als hinter mir liegen (was statistisch ab ca. 50 der Fall ist), bekommen 10.950 Tage (= 30 Jahre) einen anderen Stellenwert.

Die eigene Sterblichkeit anzunehmen, kann auch dabei helfen, die Sterblichkeit anderer zu akzeptieren. Insbesondere wenn jemand „vor seiner Zeit“ geht, fällt es vielen schwer, loszulassen und der natürlichsten Veränderung der Welt zuzustimmen. Menschen wollen verstehen, warum jemand stirbt. Warum ihnen der geliebte Mensch genommen wird.

So wie das Leben weder gerecht noch ungerecht ist, ist auch der Tod weder gerecht noch ungerecht. Es sind einfach Ereignisse. Menschen versuchen, ihren Schmerz zu lindern, indem sie Sinn in die Ereignisse interpretieren. Das kann helfen, doch letztendlich geht es darum, seinen Frieden mit dem Tod zu schließen. Wir leben und wir sterben. Manche Menschen aus unserem Umfeld werden vor uns gehen, andere nach uns.

Wenn ich an die Bücher über das Leben nach dem Tod zurückdenke, dann war eine der Kernaussagen, dass die Verstorbenen traurig darüber sind, wenn die Lebenden zu lange und zu intensiv um sie trauern, anstatt sich wieder ihrem eigenen Lebensglück zuzuwenden – auch wenn Annahmen dieser Art nicht wissenschaftlich zu beweisen sind. Aber auch ohne Beweise – wenn ich an die Menschen denke, die ich „verloren“ habe, dann bin ich überzeugt davon, dass sie sich wünschen, ich möge ein langes und erfülltes Leben führen.

Vielleicht ist es weniger das Sterben, das Menschen fürchten, als das Vergessenwerden – oder das Alleingelassen werden. Oder nicht gelebt zu haben, bevor das Ende kommt. Oder zu wenig Zeit zu haben, um das Versäumte aufzuholen. Wie auch immer, den Tod zu negieren bringt keine Lösung.

Ob sich ein Mensch der Religion oder Spiritualität zuwendet, rund um das Thema Tod bleibt vieles Spekulation. Unser Verstand kann über das Ableben hinaus nicht existieren. Glauben und Vertrauen können wertvolle Begleiter sein, um Frieden zu schließen mit dem Unausweichlichen.  

Ein Gedanke, der mir dabei half, meiner eigenen Sterblichkeit zuzustimmen, ist jener: Wie kann ich das Leben im Hier und Jetzt genießen, wenn mich die Furcht vor dem Ende begleitet? All die Energie, die ich verwende, um dem Thema auszuweichen, kann ich Hier und Jetzt einsetzen, wenn ich das Unausweichliche umarme.

Lebensfreude wurzelt für mich darin, das Leben voll und ganz so anzunehmen, wie es ist, samt seinem natürlichen Ende.

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DIE SEELE EINER FRAU – UNGESCHMINKT

In einer Doku über weibliche Musikerinnen schnappte ich einen Satz auf, der mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Eine Stylistin sagte:

„Ohne Make-Up erblickt man im Gesicht eines Menschen seine/ihre Seele.“

Make-Up als Schutz? Eine Maske, um zu verbergen, wer man ist, was man fühlt, wie verwundet man wurde.

Solange ich zurückdenken kann, wurde auf meinen Gefühlen rumgetrampelt. Mitgefühl zu erwarten, führte allzu oft zu Enttäuschungen. Verständnis für das Unverständliche? Welche Alternative gab es, als eine Maske über die nächste zu legen, Schicht für Schicht jenen Schutz aufzubauen, der das Leben halbwegs erträglich machte. Meine Seele, meine Gefühle zu verbergen, Kopfmensch zu werden und die Stimme des Herzens auf lautlos zu schalten.

Seit Monaten wehrt sich etwas in mir mehr denn je gegen die Maske, will ich gesehen werden als die, die ich bin.

Täglich begegnen mir Menschen (vor allem Männer), die mich auf meinen Körper zu reduzieren versuchen und glauben, ein paar oberflächlichen Komplimente genügen, und ich springe dorthin, wo sie mich haben wollen. Menschen, die sich selbst als überlegen betrachten, und doch nur ein hohles Konstrukt sind, ein Kartenhaus auf Sand gebaut, ob es ihnen bewusst ist oder nicht. Menschen, die wie Zombies durch diese Welt stolpern, ohne lebendig zu sein.

Es mag Menschen geben, die Masken zum Schutz tragen. Es mag andere geben, die sich dahinter vor sich selbst verstecken. Es mag jene geben, die Masken nutzen, um ihre Ziele zu erreichen. Und auch jene, denen es an echtem Selbstwert mangelt ebenso wie jene die nicht glauben können/wollen, dass ihre wahre Schönheit erst sichtbar wird, wenn sie alle Masken fallen lassen.

Wahre Schönheit hat damit zu tun, mit Tränen in den Augen stark zu sein, inmitten der Stürme des Lebens zu sich selbst zu stehen, in Kauf zu nehmen, dass Vertrauen manchmal mit Narben auf dem Herzen endet, doch ohne Vertrauen gibt es keine Lebendigkeit. Ein Herz auf ewig hinter Mauern (oder Masken) zu verstecken lässt es irgendwann vertrocknen oder zu Stein werden.

Wenn das Gesicht erstarrt, in der Mimik keine Emotionen mehr erkennbar sind (dank Botox), können Neugeborene die Stimmung der Erwachsenen nicht mehr wahrnehmen und zuordnen lernen. Ein Defizit, dessen Auswirkungen wir erst noch zu spüren bekommen werden. Wie findet ein heranwachsender Mensch Zugang zu seiner Seele umgeben von hübschen, aber seelenlosen Gesichtern?

Ein ungeschminktes Gesicht ist immer natürlich. Make-Up erzeugt ein künstliches Bild. Optimiert? Verzerrt? Wahrheit? Lüge?

So viele Menschen suchen so vieles. So viele suchen Anerkennung, Liebe. So wenige zeigen, wer sie sind. So viele Seelen sehnen sich danach, gesehen zu werden.

Blick mir in die Augen.

Ich bin lebendig.
Wenn du mich verletzt,
wird es schmerzen,
doch die Wunde wird heilen
und ich werde wieder vertrauen,
denn Vertrauen ist das Licht meiner Seele.
Furcht und Zweifel sind wie Schatten,
die mich begleiten,
doch niemals bestimmen,
denn das Licht ist,
was ich für mich erwählt habe,
der Wahrheit ins Angesicht zu blicken,
und zu sein,
wer ich bin,
lebendig.

Was gibt es schöneres als das Gesicht eines Menschen, in dem nach einem langen Leben zwei Augen funkeln vor Lebensfreude und Dankbarkeit, für all das Erlebte, die sonnigen Tage ebenso wie stürmischen oder die verregneten.

Du blickst in eine Seele und begreifst, worum es wirklich geht im Leben.

Die wahre Schönheit eines Menschen entspringt dem Licht einer Seele, die sich offenbart, dem Herzen, das seine Liebe teilt, den Händen, die Halt geben und den Worten, die berühren – ungeschminkt.

In der Natur des Weiblichen ist es verankert, tiefe, verbindende Emotionen zu empfinden. Hunderttausende von Jahren genetischer Entwicklung verschwinden nicht einfach so. Darin liegt heute eine enorme Chance. Mehr denn je braucht diese Welt, brauchen wir Menschen, verbindende Emotionen, um Brücken zu schlagen über all die Abgründe, die wir in der Vergangenheit aufgerissen und mit Mauern zu Festungen ausgebaut haben. Weder Patriachat noch Matriarchat sind die Lösung, sondern jenes natürliche Gleichgewicht, das wir vor langem verloren haben.

Vor einigen Wochen fand ich im Netz folgenden Text:

Weisheit der Cherokee

Die höchste Berufung einer Frau ist es, den Mann zu seiner Seele zu führen, damit er sich mit der Quelle verbinden kann. Die höchste Berufung eines Mannes ist es, die Frau zu beschützen, damit sie frei und unverletzt auf der Erde wandeln kann.

Über diese Zeilen habe ich viel nachgedacht, habe alle Rollenbilder und Klischees rausgenommen, die Botschaft auf ihre Essenz reduziert, auf die Art und Weise, wie Mann und Frau miteinander umgehen sollten, unabhängig davon, wer wie viel Geld verdient, die Kinder betreut oder den Haushalt führt. Mann und Frau SIND unterschiedlich, Yin und Yang, doch gemeinsam ergeben sie ein Ganzes, wenn sie lernen, gemeinsam die Balance zu finden.

Leider etwas klischeehaft, doch täglich zu beobachten: viele Männer stecken im Ego fest, haben wenig Zugang zu ihren Gefühlen, noch weniger zu ihrer Seele.

Es ist an der Zeit, dass wir Frauen in unsere natürliche Weiblichkeit zurückfinden und all die künstlichen Erwartungshaltungen hinter uns lassen, um die Seelen der Männer wieder mit der Quelle zu verbinden, damit die Menschheit in ihre Balance findet mit sich selbst und ihrer Umwelt.

Einfach Mensch sein, mit Herz und Seele.

Eine Illusion? Vielleicht.

Eine Vision? Vielleicht eine, die inspiriert.

Ich habe lange nach einem Bild für diesen Beitrag gesucht und mich letztendlich für die Augen eines Kindes entschieden, die fragend-verträumt in diese Welt hinausblicken – eine Seele, die sich noch zeigt, wie sie ist.

Bild: pixabay.com

Nur ein paar Gedanken …

Was wäre,
wenn all die Zeit und Energie,
die täglich für optimierte Selfies verwendet wird,
stattdessen eingesetzt wird
um unsere Welt so zu zeigen,
wie sie ist,
mit all ihren Schönheiten,
und auch all dem,
was Menschen daraus gemacht haben.

Würden die Menschen hinsehen?

Würden sie Scham darüber empfinden,
dass die Krone der Schöpfung
sich in Kriegen, Konflikten, Umweltzerstörung, Gier, Neid, Missgunst, Vorurteilen, Ausbeutung und Unterdrückung jeglicher Art verstrickt?

Daran ist nichts edel oder besonnen,
nichts so, wie es einer Krone der Schöpfung gerecht werden würde.
Eher noch einer Dornenkrone,
die schmerzt.

Vielleicht braucht es Schmerz,
damit es anders werden kann.

Vielleicht braucht es den Schmerz einer Geburt,
damit etwas Neues entstehen kann,
damit die Menschen lernen,
sich nicht von Oberflächlichkeiten verführen zu lassen,
sondern tiefer zu blicken,
und ihre Rolle in dieser Welt neu zu definieren
als Hüter:in der Schöpfung.

Aus großer Macht erwächst große Verantwortung.

Sind wir bereit,
diese Verantwortung zu tragen?
Über den eigenen Tellerrand hinauszublicken?
Über die eigene Lebensspanne?
Über Bequemlichkeiten?
Über Unterschiede?

Es ist längst an der Zeit
hinzusehen,
zu erkennen,
dass uns mehr verbindet
als uns trennt.

Es ist an der Zeit,
dass die Flucht vor der Realität endet,
das wir hinsehen,
hinhören,
uns einfühlen,
erwachsen werden
und Verantwortung übernehmen.

Uns wurde ein Paradies gegeben.
Es liegt an uns,
dieses zu bewahren.

Bild:pixabay.com

NACHSCHLAG ZUM WELTFRAUENTAG

Am 8. März saß ich bei meiner Friseurin. Sie ist alleinerziehende Mutter und Unternehmerin. Eine moderne, unabhängige Frau. Während ich bei ihr war, zeigte sie mir etliche Nachrichten, die sie über whatsapp erhielt. Glückwünsche zum Weltfrauentag, jede Menge Blümchen und Herzchen in der Art von Valentinstag oder Muttertag, süßlich naiv, die von meiner Friseurin allesamt in der Art von „Haben die denn keine Ahnung, worum es beim Weltfrauentag geht?“ kommentiert wurden.

Zum Drüberstreuen erzählte sie mir noch die Geschichte einer Frau, die sich gefragt hat, warum Männer in den sozialen Medien positive Rückmeldungen bekommen ohne geschminkt zu sein und ob das auch bei Frauen möglich wäre. Also machte sie von sich und ihrem Freund ein ungeschminktes Foto und stellte es online. Was kam, war teilweise erschreckend, um nicht zu sagen: unverschämt. Sie wäre unterdurchschnittlich hübsch. Wie könne sie es wagen, sich ungeschminkt zu zeigen. Das Ergebnis dieses Experiments: Sie tritt nur noch geschminkt vor die Kamera.

An diesem Punkt der Erzählung legte sich in mir ein Schalter um und ich begann meinerseits, mir Fragen zu stellen.

Drehen sich unsere Vorfahrinnen im Grab um, wenn sie das mitbekommen? Sie kämpften für das Recht auf Selbstbestimmung, Bildung, das Wahlrecht, Arbeiten gehen zu DÜRFEN, um aus der Abhängigkeit der Männer zu entkommen … Was würden sie darüber denken, müssten sie miterleben, wie moderne Frauen sich vorrangig über ihr Aussehen definieren?

Auf der einen Seite gibt es nach wie vor den Gender Pay Gap, verdienen Frauen bei gleicher Arbeit weniger als Männer. Auf der anderen Seite wird eine ungeschminkte Frau als unattraktiv wahrgenommen. Für mich geht das nicht zusammen. Das Aussehen sagt absolut nichts über Charakter oder Können einer Person aus. Aber wenn Frauen nicht mal mehr ungeschminkt den Müll rausbringen, damit niemand sieht, wie sie wirklich aussehen, dann sagt mir das einiges über das Selbstbewusstsein (oder das Fehlen desselben) jener Frauen.

An diesem 8. März wurde mir so richtig bewusst, dass es ein Diktat des Aussehens gibt und zu viele Frauen sich diesem unterwerfen. Sie öffnen bereitwillig Tür und Tor für Manipulation und Fremdbestimmung, lassen ihren Wert von anderen bestimmen. Das hat nichts mit Selbstbewusstsein oder Charakterstärke zu tun, doch genau das bräuchte es, damit Frauen respektiert werden und Gleichstellung eine gelebte Realität wird… auch ohne Binnen-I. Das Bewusstsein einer Gesellschaft zu verändern braucht mehr, als den perfekten Lidstrich. Es braucht Menschen, die Werte leben, auch bei unfreundlichem Gegenwind.

Wieder einmal bin ich unendlich dankbar dafür, dass es Menschen (Frauen und Männer) in meinem Leben gibt, denen es völlig gleichgültig ist, ob ich geschminkt bin oder nicht. Sie schätzen mich für meinen Charakter, meinen Humor und weil ich die bin, die ich bin … ungeschminkt und selbstbestimmt.   

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DAS EWIGE MANN-FRAU-THEMA EINMAL ANDERS

Der Kampf der Geschlechter, vorprogrammierte Missverständnisse, all das existiert seit ewigen Zeiten in dieser Welt (zumindest hat es den Anschein), doch es existiert auch noch woanders und hat in meinem Leben so einiges verursacht.

Es heißt umgangssprachlich: in jedem Mann steckt eine Frau und umgekehrt in jeder Frau ein Mann. Animus und Anima (wer nachlesen möchte https://de.wikipedia.org/wiki/Animus_und_Anima)

Mein Animus oder die „Personifikation der männlichen Natur in meinem Unbewusstsein“ ist mir ziemlich bewusst. Seit meiner Kindheit kommunizierte ich mit meinen inneren Anteilen. Darunter waren auch männliche. Als ich 2017 am Abgrund meines 3. Burnouts die Kehrtwende einlegte und meinen Fokus nach innen, in mich hinein richtete, offenbarte sich mein inneres Universum aus weiblichen und männlichen Anteilen, allesamt mit vielfältigen Eigenschaften, günstig ebenso wie ungünstig, helle und dunkle … und sie haben ihre eigene Stimme, die ich in mir höre. Eine weibliche ebenso wie eine männliche. Sogar eigene Sprachmuster. Im Schreibprozess befeuern beide meine Kreativität. Doch dabei bleibt es nicht.

Auch im Alltag spüre ich deutlich, wann ich welchen meiner Anteile auslebe. Meine Sprechstimme verändert sich hörbar. Ebenso Körperhaltung und Mimik. Im Spiegel erkenne ich genau, wann ich Jana bin und wann Jan.

Nur um eines klarzustellen: Nein, ich bin weder Transgender, noch bisexuell oder etwas dergleichen.

Hierbei geht es nicht um Gender oder Sexualität, sondern um die Integration von Gegensätzen. Yin und Yang. Das Symbol kennen viele. Für mich bringt es zum Ausdruck, was ich in mir fühle. Eine helle Seite mit einem dunklen Aspekt und eine dunkle Seite mit einem hellen Aspekt. Betrachte ich meine Romanfiguren Jana und Jan, sind beide genau das: je eine Seite mit einem gegenpoligen Aspekt, die gemeinsam ein Ganzes ergeben. In meinem Fall: Mich, eine Frau durch und durch. Aber eben auch eine, die ihren Gegenpol in sich gefunden und integriert hat … und die aufgehört hat, zu suchen. Wozu auch weitersuchen? Ich habe gefunden, was es zu finden galt: mich selbst.

Wir alle tragen in uns eine Menge Gegensätze, Widersprüche, viele von uns stehen mit sich selbst im Konflikt. Genauso wie sie in der Außenwelt mit anderen im Konflikt stehen. Ich frage mich, was geschehen würde, wenn die Menschen beginnen würden, den Gegenpol in sich selbst zu integrieren. Gäbe es weniger Konflikte? Weniger Egos, die das eine oder das andere überzeichnen, nur um nicht die gegenpolige Stimme zu hören? Darf ein Mann eine weibliche Stimme in sich hören, ohne seine Männlichkeit zu verlieren? Darf eine Frau eine männliche Stimme in sich hören, ohne ihre Weiblichkeit einzubüßen? Vielleicht ist es die natürlichste Sache der Welt, seinen Gegenpol zu umarmen und „ganz“ im Sinne von „heil“ zu werden.

Meine innere Zerrissenheit endete in dem Augenblick, in dem ich meinen Gegenpol integrierte.

Eins zu sein … früher verband ich mit diesem Begriff die Vorstellung, eins mit allem um mich zu werden. Doch um eins mit dem Universum zu werden, ist es vorteilhaft, zuerst eins mit sich selbst zu werden.

Oder anders gesagt: das ewige Frau-Mann-Gegenpol-Thema in sich selbst zu lösen und den Gegenpol anzunehmen.

Wie das machbar ist, darf wohl jeder für sich selbst herausfinden. In meinem Fall war und ist es eine [nicht] ganz alltägliche Liebesgeschichte, die ich übrigens am 10. März (teilweise) live vorlesen werden. Wer also Interesse hat, die feinen Unterschiede in meiner Stimme selbst zu erleben, wenn  ich selbige Jana und Jan leihe, ist herzlich dazu eingeladen. Infos dazu demnächst auf meiner Facebook-Seite.

Gibt es ein spannenderes Abenteuer als die Reise zu sich selbst? Für mich verbirgt sich in jedem Menschen ein Universum, das es zu entdecken gilt. Was kann da mithalten?

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