Meine Tricks im Alltag: Nr. 3 – mentales Anti-Depressivum

Heute starte ich gleich mal praktisch durch. Vor wenigen Tagen hatten mein Mann und ich eine mehrstündige Autofahrt vor uns. Ich saß auf dem Beifahrersitz – eh klar, man(n) fährt – und ließ schweigsam meinen Blick durch das Seitenfenster schweifen. Nach ungefähr einer halben Stunde fragte er mich, wie’s mir denn so geht, weil ich für ihn ungewohnt ruhig war. Daraufhin begann ich zu schildern, dass ich dabei war, die Details der Umgebung zu beobachten. Die vereisten Bäume am Straßenrand, eingehüllt in das vom Morgendunst gedämpfte Licht. Ein Szenario in grau-braun-weiß, kühle Farben, winterlich. Dahinter erhob sich in einiger Entfernung ein schneebedeckter Gipfel strahlendweiß im Sonnenlicht, fast schon mit einem goldenen Schimmer überzogen, warme Farben, auch winterlich, aber anders. Die Dynamik dieser beiden unterschiedlichen Eindrücke in einem Bild vereint – für mich ein wenig magisch und wunderschön.

Und damit waren wir beim wesentlichen Punkt angekommen. In den folgenden Minuten schilderte ich wortreich, wie ich solche Momente des „hab-nichts-anders-zu-tun-als-mich-um-mich-selbst-zu-kümmern“ nütze, um schöne Momente als Erinnerung einzufangen. Zum einen, weil ich sie irgendwann in einer Geschichte oder einem Gedicht verarbeite; zum anderen, weil ich mich damit bewusst auf etwas Schönes und für mich Positives fokussiere.

Die Kunst, das Besondere im Alltäglichen zu entdecken.

In meinem Beitrag „Meine Tricks im Alltag: Nr. 2 – Die Macht der Gedanken“ vom 28. November 2019 habe ich eingehend darüber erzählt, wie unsere Gedanken sich auf unser Leben und unser Wohlbefinden auswirken, und dass eine gezielte Beeinflussung entsprechende Reaktionen auslösen kann. Eine bewusste Fokussierung auf Schönes im Alltag ist für mich eine Möglichkeit, bewusst und ohne große Anstrengung an meinem inneren Bild der Welt zu arbeiten. Es gibt nämlich immer und überall etwas Schönes und/oder Positives zu entdecken, nur sehen wir – oder besser: ich – es nicht immer sofort und automatisch.

Dazu sollte ich jetzt mal erwähnen, dass ich die Fähigkeit besitze, auf einer Seite voller Buchstaben innerhalb kürzester Zeit den einzigen Tippfehler zu finden, der sich dort versteckt hält. Egal, ob auf einer Speisekarte im Restaurant, einem Infofolder, einer Website … Fehler ziehen meinen Blick magnetisch an. Beruflich mitunter eine coole Sache, aber privat? Ganz ehrlich, wenn sich der eigene Blick fast unaufhaltsam auf Fehler fokussiert, sieht man leider auch auf einem Spazierweg zuerst das einzige „Hundstrümmerl“ weit und breit, ehe noch der Blick auf Blumen oder sonst etwas umgelenkt werden kann. Irgendwann besteht das Weltbild vorrangig aus Hundstrümmerln … nein, das wäre jetzt etwas übertrieben, aber mein Automatismus in der Wahrnehmung fokussiert prioritär auf Fehler im System oder Kontext. Das erzeugte in der Vergangenheit in mir den Eindruck, die Welt sei nicht in Ordnung. ABER das war nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte davon, das, was in Ordnung wahr, sah ich erst bei gezielter Betrachtung.

Wenn man nun den Eindruck hat, die Welt sei grundsätzlich voller Fehler und nicht in Ordnung, führt das zu Jubelstimmung? Natürlich nicht, ganz im Gegenteil. Es bedrückt. Der Druck wurde bei mir im Laufe der Zeit immer mehr. Irgendwann war es eine depressive Verstimmung mit Tendenz zur Depression. Diese Abfolge könnte ich auch heute jederzeit erneut durchleben, doch ich steuere mein Denken und Fühlen bewusst auf einen anderen Kurs indem ich mich auf positives und schönes fokussiere, indem ich über viele kleine Impulse ein anderes Bild der Welt in mir erzeuge.

Ganz wichtig: ich negiere nicht das Negative! Es existiert, doch ich lasse mich davon nicht bestimmen, sondern stelle eine positive Facette dazu bzw. in den Vordergrund. Denn auch das existiert. Bad News mögen die Verkaufszahlen und Quoten der Medienwelt nach oben treiben, meine eigene Stimmung wird von Good News beflügelt. Diese Good News finden nur dann ihren Weg in meinen Geist und mein Unterbewusstsein, wenn ich meine Wahrnehmungsfilter entsprechend justiere. Das kann ein einzelnes bunt gefärbtes Ahornblatt sein, oder eine Blume, eine Farbkombination von Hausfronten, eine dramatische Wolkenformation am Himmel, ein Strichmännchen auf einem Blatt Papier, ein Song im Radio, der Duft von Rosenblüten, ein leckerer Gewürztee, Schokolade … es gibt unendlich vieles, dass sich für mich eignet, als besonderer Moment abgespeichert zu werden.

Kurz gesagt: den Blick auf das Schöne auszurichten, die Ohren und alle anderen Sinne für das angenehme im Leben zu öffnen wirkt für mich auf Dauer gesehen wie ein mentales Anti-Depressivum, ohne Nebenwirkungen dafür mit erwünschten Gewöhnungseffekt, rezeptfrei und gratis obendrein.

Fragen, Fragen und nochmals Fragen …

Es ist wieder mal eine dieser Phase, in denen ich sehr viel zu tun habe. Im Grunde habe ich immer viel zu tun, nur manchmal nur mehr. Im Grunde will ich irgendwie auch immer viel zu tun zu haben, weil ich es schlichtweg nicht aushalte, wenn mir langweilig ist. Dann werde ich richtig unrund und fange an, unsinnige Dinge zu tun. Wie in dem Werbespot, wo jemand, der auf einen Download wartet, damit beginnt, seine Umgebung mit Post-its zu tapezieren.

Nun frage ich mich hin und wieder, ob ich eine tief verwurzelte Allergie gegen Ruhe und Nichtstun habe. Und wo ich mir die eingefangen haben könnte.

Ruhe – was ist das überhaupt? Bedeutet dass, nichts zu tun? Weniger zu tun? Ruhiger zu tun? Langsamer? Weniger emotional? Strebe ich nach Ruhe, weil es zu viel wird? Oder zu laut? Oder geht’s mir gar nicht um Ruhe? Ständig an meiner Belastungsgrenze entlang durch den Arbeitsalltag zu laufen ist anstrengend. Auf der anderen Seite auch irgendwie reizvoll – solange alles gut läuft. Solange ich durchhalte. Solange … bis es eben anders ist. Bis der Gedanke an Ruhe wieder verlockend wird. Ein ständiges Hin und Her.

Wo beginnt Langeweile? Kann ich Ruhe überhaupt zulassen und genießen? Stillstand geht definitiv nicht. Wobei – Stillstand gibt es ja genau genommen nicht. Alles ist stets in Veränderung. Manchmal nur sehr langsam, aber dennoch.

Und so kreisen meine Gedanken unaufhörlich.

Manche könnten jetzt sagen: OK, so wird das nichts mit Ruhe. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Je mehr ich über einzelne Themen wie „Ruhe versus Langeweile“ nachdenke, desto ruhiger werde ich, weil ich in der unbeschreiblichen Vielfalt meiner Gedanken und Ideen bildlich gesprochen „die Spreu vom Weizen“ trenne. Anders gesagt: ich finde heraus, was ich wirklich will und brauche; lasse mich von scheinbar verlockenden Ideen nicht in die nächste Sackgasse führen. Und weil ich nicht mehr alles und jedes tun will und muss, nimmt das letztendlich viel Last von meinen Schultern und Druck aus meinem Leben.

Hinterfragen und reflektieren – das ist ein wesentlicher Aspekt meiner Lebensphilosophie und meines Alltags. Unterscheiden und Entscheiden. Was passt zu mir? Was nicht? Heute landet viel mehr im „Ideen-Mülleimer“ als früher. Gleichzeitig vermisse ich nichts und genieße das, was ich tue und habe, mehr als früher.

Quantität versus Qualität?

Wer weiß?

Auch darüber werde ich noch ausgiebig sinnieren.

Ein Rätsel am Montag

Fraktale sind etwas Faszinierendes für mich. Zum einen mag ich diese Bilder, die sich aus einem immer wieder kehrenden Muster zusammensetzen, wie jenes oben in diesem Beitrag. Ich kann stundenlang darin versinken und dabei völlig zur Ruhe kommen.

Zum anderen gibt es ja auch die Theorie der Zeitfraktale, also wiederkehrender Muster in der Zeitrechnung. Hoch faszinierend, aber zu umfangreich für hier.

Für mich gibt es darüber hinaus auch fraktale Gedanken. So unterschiedlich sie auf den ersten Blick sein mögen, in jedem einzelnen findet sich die Botschaft des großen Ganzen. Genau genommen jene Botschaft, die ich mit allem, was ich schreibe, transportieren will. Es braucht allerdings einen Blick zwischen die Zeilen und ein wenig Kontemplation, um den gemeinsamen Nenner zu erkennen. Bereit für eine Herausforderung?

Hier nun vier Gedanken von mir, die ich Anfang dieses Jahres in die Welt gesetzt habe:

„Die Welt macht dem Platz, der weiß, wohin er geht.“ Dieser Spruch hing einst in meinem Arbeitszimmer. Per se richtig, aber wohin ging ich? Was ist mein Ziel, fragte ich mich mehr als einmal? Weg von HIER oder zu auf das DORT? Weg von dem, was BELASTET, BEDRÜCKT, SCHMERZT … oder auf das zu, was FREUDE bereitet, sich GUT ANFÜHLT, BEREICHERT? Wo auch immer Dein Ziel liegt, der Fokus liegt auf den GROSSBUCHSTABEN… und davon holst Du mehr in dein Leben. Deshalb nochmal die Frage: Wohin gehst Du?

Wieder ein Spiel mit Worten, und es ist wert, ein wenig Zeit darauf zu investieren: Wann bin ich empfindsam? Und wann empfindlich? Der subtile Unterschied wird selbst beim Lesen spürbar. Aber wo liegt die Grenze? Gibt es überhaupt eine starre Grenze? Oder mehr einen fließenden Übergang? Oder vielleicht einen mäandernden Grenzfluss zwischen zwei Gemütszuständen, der abhängig von der Beschaffenheit des Geländes mal sanft von sich hier plätschert, mal zu einem reißenden Strom wird? Ein Strom namens Empfindung, der uns bestimmt – oder doch wir ihn?

Ein Selbstversuch zum Thema Lächeln: bei mieser Stimmung ein Lächeln aufsetzen? Ist machbar, aber anstrengend mit Potenzial auf einen Muskelkater. Ähnlich dem Gefühl, beim Schifahren zu lange in der Hocke zu bleiben, nur eben im Gesicht. Noch ein Grund mehr, gekünsteltes Lächeln bleiben zu lassen. Ein echtes Lächeln strengt weniger an.

Wenn ich aus dem Fenster blicke, sehe ich vor mir die glühende Sonnenscheibe über den Dächern von Wien versinken, umrahmt von dem ausragenden Arm eines Baukrans, der sich wie ein Scherenschnitt am Horizont abzeichnet. Es ist Donnerstag, für diese Woche mein letzter „Arbeitstag im bürgerlichen Leben und Job“, und obwohl es eine arbeitsreiche, intensive Woche war, fühle ich eine umfassende Zufriedenheit, etwas, dass ich als meinen inneren Ozean der Gelassenheit bezeichne. Wenn ich so darüber nachdenke, wie ich mich von der Hektik des Alltags ausklinken und auf dieses Surfbrett der Ruhe wechseln konnte, dann gestehe ich offen und ehrlich: keine Ahnung! Es geschah einfach als ich aus dem Fenster blickte, während vor mir die die glühende Sonnenscheibe über den Dächern von Wien …

Welche gemeinsame Botschaft findest du hinter diesen vier gedanklichen Fraktalen?

Gastbeitrag Nicole Franziska

Heute darf ich ein paar wundervolle Zeilen mit dir teilen, die von meiner lieben Autorenkollegin Nicole Franziska Neidt stammen und die ich hier in diesem Beitrag verwenden darf. Herzlichen Dank dafür liebe Nicole.

Manchmal trüben Ängste unsere Sicht,
so dass wir nur noch die dunklen Wolken sehn.
Dann sind wir gefangen
in unseren Gedanken.
Unsere Emotionen lassen unser Inneres zittern.

Doch nicht weit von uns
ist der Himmel in ein wunderschönes Blau getaucht.
Die weißen Wolken
erzählen uns eine Geschichte
von Hoffnung und Zuversicht.

Die Sonne zaubert Wärme auf unseren Körper
und lässt unser Gesicht wieder strahlen.
Vergiss niemals,
dass Du ein besonderer Mensch bist.

Du bist Schöpfer deiner Gedanken,
wähle sie bewusst
und halte sie positiv.
Egal, wie schwer es manchmal sein mag,
doch du wirst sehen,
wenn wir die Gedanken auf die schönen Dinge
des Lebens lenken,
dann werden unsere Ängste sich auflösen,
und wir werden das Licht am Horizont wieder sehen.

Sei achtsam und bewusst!

©Nicole Franziska 29.07.2019
https://www.facebook.com/FranziskaNeidt/

Nicole und ich haben uns Ende letzten Jahres in Facebook kennengelernt. Wir teilen ein Schicksal #Borderline und eine Leidenschaft #Schreiben.