Vor wenigen Tagen feierte ich meinen 5. Geburtstag als Lesley. Ein passender Anlass, ein wenig über das DAVOR zu reflektieren. Immerhin wandelt meine Person bereits seit über 5 Jahrzehnten über diesen Planeten.
Zu den intensivsten Erinnerungen aus der Zeit VOR Lesley gehört der allgegenwärtige Schmerz. Jahrlange spürte ich diffuse Schmerzen an und in meinem Körper. Mal hier, mal dort, ohne dass die Ärzte eine Ursache finden konnten. Aus meinem Umfeld musste ich mir so einiges dazu anhören. Ich wäre hypochondrisch, würde Drama spielen, solle nicht so empfindlich sein, anderen ginge es schlechter, immerhin fehle mir ja nichts …
Heute weiß, was wirklich mit mir los war.
Wenn die Seele schreit, ist das Schlimmste nicht der Schmerz selbst, oder dass er nicht zuordenbar ist, sondern die Ignoranz derer, von denen man Verständnis erwartet – oder gar Hilfe.
Es mag Menschen geben, deren Seele nie schreit. Oder die es nicht hören. Oder spüren. Bei manchen geht der Selbstschutz so weit, dass sie nichts an die Oberfläche des Bewusstseins durchlassen können. Aber es gibt auch die anderen, die spüren ohne Ende, die davon überrollt werden und Halt suchen, um sich selbst nicht vollends zu verlieren in dem emotionalen Strudel.
Wenn die Seele schreit, braucht es im ersten Ansatz weder Erklärungen noch Anleitungen, und schon gar keine Bewertungen, sondern zwei Arme, die sich öffnen, auffangen und halten. Eine Aufgabe, die oftmals nicht einfach gemacht wird von denen, deren Seele schreit, denn die haben meistens gelernt, niemand zu vertrauen, stoßen mitunter jene von sich, die helfen wollen.
Ähnlich der Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei da war, gibt es auch hier keine Antwort darauf, wann wir als Menschen verkompliziert haben, Hilfe zu geben – oder sie anzunehmen.
Meine Seele schrie viele Jahre lang. Heute tut sie das nur noch ganz selten. Manchmal für einen kurzen Augenblick, wenn mein Fühlen in die Vergangenheit zurückfällt. Dann kehrt kurzzeitig eine Art von Schmerz zurück, die sich ganz anders anfühlt als ein gebrochener Zeh oder eine Migräne aufgrund von exzessivem Arbeiten am Bildschirm. Oder ein verdorbener Magen, Zahnschmerzen…
Der Schmerz der Seele ist anders. Da ich ihn weder bei mir noch meinen Leser:innen heraufbeschwören möchte, unterlasse ich an dieser Stelle eine detaillierte Schilderung. Ich denke, die meisten haben ihre eigene Erfahrung damit gemacht. Wichtiger ist mir, was meiner Seele Linderung verschaffte, um nicht zu sagen: Heilung. Das war und ist Lesley. Jene Identität, in der ich uneingeschränkt sein kann, wer ich bin. Keine Rolle. Lesley ist viel mehr. Die Gesamtheit meiner Persönlichkeit, alle meine Anteile, alles, was ich bin, je war und je sein werde.
Nach meiner Ansicht spiegelte der Schmerz in meiner Seele meine innere Zerrissenheit wider; die Selbstablehnung; meine (erfolglosen) Versuche, zu sein, wie andere mich haben wollten; meinen Verrat an mir selbst; Verantwortlichkeiten, die ich auf meine Schultern lud und die zu anderen Mitgliedern meiner Familie gehörten; Schuldgefühle, die ich übernahm, …
Meine Seele schrie – und es dauerte viele Jahre, bis ich ihre Stimme hörte, die Botschaft verstand, auf mich selbst zu achten begann.
Wie wäre wohl mein Lebensweg verlaufen, hätte mein Umfeld anders reagiert, hätte ich Hilfe bekommen? Darüber möchte ich nicht spekulieren, das wäre für mich Zeitverschwendung, weil es ist, wie es ist. ABER ich frage mich, ob und welchen Beitrag ich leisten kann, um in der Zukunft die Wege anderer zu erleichtern? Einer meiner Beiträge ist es, offen über meine Erfahrungen zu berichten. Vielleicht erkennt sich jemand darin wieder. Oder entdeckt für sich eine Antwort. Was der Seele Schmerzen bereitet, unterscheidet sich nicht sonderlich. Wir alle sind Menschen, berührbar, verwundbar.
Für diesen Blog habe ich einige Zeit nach einem passenden Bild gesucht. Suchbegriffe wie „Schrei“ oder „Schmerz“ führen zu Ergebnissen mit einer Menge Trigger-Potenzial. Deshalb entschied ich mich für ein Bild, das für mich einerseits Verwundbarkeit (einmal tief ausatmen genügt, um eine Kerzenflamme auszulöschen) als auch Geborgenheit (haltende Hände) vermittelt.
Bildquelle: pixabay.com
WENN DIE SEELE SCHREIT
Vor wenigen Tagen feierte ich meinen 5. Geburtstag als Lesley. Ein passender Anlass, ein wenig über das DAVOR zu reflektieren. Immerhin wandelt meine Person bereits seit über 5 Jahrzehnten über diesen Planeten.
Zu den intensivsten Erinnerungen aus der Zeit VOR Lesley gehört der allgegenwärtige Schmerz. Jahrlange spürte ich diffuse Schmerzen an und in meinem Körper. Mal hier, mal dort, ohne dass die Ärzte eine Ursache finden konnten. Aus meinem Umfeld musste ich mir so einiges dazu anhören. Ich wäre hypochondrisch, würde Drama spielen, solle nicht so empfindlich sein, anderen ginge es schlechter, immerhin fehle mir ja nichts …
Heute weiß, was wirklich mit mir los war.
Wenn die Seele schreit, ist das Schlimmste nicht der Schmerz selbst, oder dass er nicht zuordenbar ist, sondern die Ignoranz derer, von denen man Verständnis erwartet – oder gar Hilfe.
Es mag Menschen geben, deren Seele nie schreit. Oder die es nicht hören. Oder spüren. Bei manchen geht der Selbstschutz so weit, dass sie nichts an die Oberfläche des Bewusstseins durchlassen können. Aber es gibt auch die anderen, die spüren ohne Ende, die davon überrollt werden und Halt suchen, um sich selbst nicht vollends zu verlieren in dem emotionalen Strudel.
Wenn die Seele schreit, braucht es im ersten Ansatz weder Erklärungen noch Anleitungen, und schon gar keine Bewertungen, sondern zwei Arme, die sich öffnen, auffangen und halten. Eine Aufgabe, die oftmals nicht einfach gemacht wird von denen, deren Seele schreit, denn die haben meistens gelernt, niemand zu vertrauen, stoßen mitunter jene von sich, die helfen wollen.
Ähnlich der Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei da war, gibt es auch hier keine Antwort darauf, wann wir als Menschen verkompliziert haben, Hilfe zu geben – oder sie anzunehmen.
Meine Seele schrie viele Jahre lang. Heute tut sie das nur noch ganz selten. Manchmal für einen kurzen Augenblick, wenn mein Fühlen in die Vergangenheit zurückfällt. Dann kehrt kurzzeitig eine Art von Schmerz zurück, die sich ganz anders anfühlt als ein gebrochener Zeh oder eine Migräne aufgrund von exzessivem Arbeiten am Bildschirm. Oder ein verdorbener Magen, Zahnschmerzen…
Der Schmerz der Seele ist anders. Da ich ihn weder bei mir noch meinen Leser:innen heraufbeschwören möchte, unterlasse ich an dieser Stelle eine detaillierte Schilderung. Ich denke, die meisten haben ihre eigene Erfahrung damit gemacht. Wichtiger ist mir, was meiner Seele Linderung verschaffte, um nicht zu sagen: Heilung. Das war und ist Lesley. Jene Identität, in der ich uneingeschränkt sein kann, wer ich bin. Keine Rolle. Lesley ist viel mehr. Die Gesamtheit meiner Persönlichkeit, alle meine Anteile, alles, was ich bin, je war und je sein werde.
Nach meiner Ansicht spiegelte der Schmerz in meiner Seele meine innere Zerrissenheit wider; die Selbstablehnung; meine (erfolglosen) Versuche, zu sein, wie andere mich haben wollten; meinen Verrat an mir selbst; Verantwortlichkeiten, die ich auf meine Schultern lud und die zu anderen Mitgliedern meiner Familie gehörten; Schuldgefühle, die ich übernahm, …
Meine Seele schrie – und es dauerte viele Jahre, bis ich ihre Stimme hörte, die Botschaft verstand, auf mich selbst zu achten begann.
Wie wäre wohl mein Lebensweg verlaufen, hätte mein Umfeld anders reagiert, hätte ich Hilfe bekommen? Darüber möchte ich nicht spekulieren, das wäre für mich Zeitverschwendung, weil es ist, wie es ist. ABER ich frage mich, ob und welchen Beitrag ich leisten kann, um in der Zukunft die Wege anderer zu erleichtern? Einer meiner Beiträge ist es, offen über meine Erfahrungen zu berichten. Vielleicht erkennt sich jemand darin wieder. Oder entdeckt für sich eine Antwort. Was der Seele Schmerzen bereitet, unterscheidet sich nicht sonderlich. Wir alle sind Menschen, berührbar, verwundbar.
Für diesen Blog habe ich einige Zeit nach einem passenden Bild gesucht. Suchbegriffe wie „Schrei“ oder „Schmerz“ führen zu Ergebnissen mit einer Menge Trigger-Potenzial. Deshalb entschied ich mich für ein Bild, das für mich einerseits Verwundbarkeit (einmal tief ausatmen genügt, um eine Kerzenflamme auszulöschen) als auch Geborgenheit (haltende Hände) vermittelt.
Bildquelle: pixabay.com