Vor wenigen Tagen ist mir zufällig ein Zitat begegnet, als ich etwas gänzlich anderes tat als mich mit meinen Lebensthemen zu beschäftigen – von denen ich mich gerade etwas ablenken wollte, weil sie wieder einmal an meine Tür klopften und ich mir die weiter unten erwähnte Frage stellte.
Bekanntlich gibt es keine Zufälle. Zumindest glaube ich nicht an Zufälle. Eher an Fügungen des Schicksals. Oder Energien, die einander anziehen. An Filter in der Wahrnehmung, die uns just in dem Moment etwas erkennen lassen, in dem es für uns wichtig und wesentlich ist. Ich glaube an vieles, aber nicht mehr an Zufälle.
Nun zu dem Zitat, das mir auf Seite 165 eines Buches begegnete, das 1998 gedruckt wurde und schon ziemlich lange in meinem Besitz ist:
„Die großen Lebensprobleme sind nie auf immer gelöst. Sind sie es einmal anscheinend, so ist es immer ein Verlust. Der Sinn und Zweck scheint nicht in ihrer Lösung zu liegen, sondern darin, dass wir unablässig an ihnen arbeiten. Das allein bewahrt vor Verdummung und Versteinerung.“ C.G. Jung
Zugegeben, ich tendiere mehr zu den Jungianern als den Freudianern, aber dies war kein Buch von C.G. Jung. Dieses Zitat fand ich in einem Buch über den Crowley-Tarot unter den Erläuterungen zur Karte „Der Gehängte“. Ich dachte bis lang eigentlich, die Bedeutung dieser Karte zu kennen. Welch eine Hybris!
Bevor ich nun in die Esoterik-Schublade gesteckt werde: JA, ich lege für mich selbst ab und zu Karten. NEIN, ich glaube nicht darin erkennen zu können, ob mir morgen ein Blumentopf auf den Kopf fällt, wie die nächsten Lottozahlen lauten oder dergleichen. Für mich bietet der Tarot eine interessante Möglichkeit, blinde Flecken im Selbstbild zu beleuchten. Welche Energie bestimmt mich gerade? Welche Aspekte verbergen sich darin? Welch emotionale Reaktionen lösen die einzelnen Karten bei mir aus? Ablehnung? Zustimmung? Nachdem ich – wie eingangs erwähnt – nicht an Zufälle glaube, finden stets jene Karten in meine Hand, die in diesem Augenblick mit mir in Resonanz schwingen. So weit mein kurzer Exkurs in die Welt des Metaphysischen.
Zurück zu C.G. Jung und seine Worte: „Die großen Lebensprobleme sind nie auf immer gelöst …“ Damit bringt C.G. Jung klar zum Ausdruck, was ich selbst erlebt habe und laufend erlebe: Scheinbar gelöstes kehrt zurück. In neuem Gewand, ein wenig verändert, aber das Thema (oder Problem) im Kern ist dasselbe geblieben. Und täglich grüßt das Murmeltier. Eine Zeitlang dachte ich mir: „Okay, ich hab’s wohl doch nicht hinbekommen. Etwas dürfte ich übersehen haben. Also auf ein Neues.“ Mit der steigenden Anzahl an Schleifen wurde irgendwann klar: Nix übersehen. Einfach nur wieder da. Nix gelernt? Diese Conclusio drängt sich auf, aber so einfach ist die Sache aus meiner Sicht dann doch nicht.
Die großen Lebensprobleme zu lösen, bedeutet für mich Meisterschaft im Leben zu erlangen.
Ich habe viele Jahre im Mannschaftssport zugebracht und auch so manche Meisterschaft gewonnen. Aber dennoch haben wir nie aufgehört zu trainieren. In keinem Bereich des Lebens bedeutet Meisterschaft, sich auf seinem Allerwertesten ausruhen zu können. Ständiges Dranbleiben gehört dazu, um die Fähigkeiten zu erhalten. Nicht umsonst heißt es: Wer rastet, der rostet.
Die Gedanken von C.G. Jung weiterführend trifft dies auch für das Lösen der großen Lebensprobleme zu, also die Meisterschaft im Leben. Dranbleiben und an sich arbeiten, ein Leben lang. Was für den Körper gilt, scheint auf selber Weise auch für den Geist zu gelten.
Das Leben ist ein einzigartiger Marathon. Ob wir ihn erfolgreich gemeistert haben, werden wir erst beim Überschreiten der Ziellinie wissen, kurz bevor wir aus diesem Leben hinausschreiten in das große Unbekannte.
Wenn ich also zum x-ten Mal an den Punkt Y komme, stelle ich mir die Frage: „Was nehme ich diesmal daraus mit für die noch vor mir liegende Strecke?“
Manchmal bleibe ich auch an der Frage „Warum schon wieder?“ hängen. Dann kann es durchaus die Karte „Der Gehängte“ sein, die mich daran erinnert, die aktuelle Situation aus einem gänzlich anderen (vielleicht auf den Kopf gestellten) Blickwinkel zu betrachten, wodurch sich die Blockade lösen kann.
Vielleicht lassen sich die großen Lebensprobleme nie auf immer lösen. Vielleicht gibt es auch nicht nur eine Lösung. Vielleicht bestehen die Lösungen aus ebenso vielen Facetten wie die Probleme. Was wir aus meiner Sicht auf jeden Fall erlangen können, ist die Meisterschaft im Dranbleiben am Lösen der Probleme.
Ein wichtiger Schritt dabei ist für mich, nicht mehr an Zufälle zu glauben, sondern an Fügungen, die dabei helfen, den nächsten Level des Lebensproblems zu meistern.
Albert Einstein konstatiert: „Gott würfelt nicht.“
Stephen Hawking widersprach ihm: „Einstein lag falsch, als er sagte ‹Gott würfelt nicht›. (…) Er hat die Würfel manchmal nur dorthin geworfen, wo wir sie nicht sehen.“
Physik, Psychologie, Metaphysik, Universum, Mensch, Leben … nichts davon existiert für sich oder getrennt vom anderen. Alles gehört zusammen, vermischt sich in uns zu dem was wir sind – und was es zu verstehen gilt auf dem Erkenntnis-Marathon des Lebens, das so viel mehr ist, als die Schulweisheit uns lehren will.
Ist es Zufall, dass ich diese Zeilen geschrieben habe, die du in diesem Augenblick liest? Ich glaube nicht an Zufälle 😉
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