Dieser Begriff steht für Umwandlung oder Verwandlung. Er trifft wie kaum ein anderer auf mich zu – samt dem häufig verwendeten Symbol des Schmetterlings.
War ich nicht einst ein Getriebene? Rastlos, ruhelos, durch das Leben irrend.
Wurde ich nicht zur Suchenden, die sich mit einer kleinen Laterne bewussten Denkens auf den Weg machte, sich selbst zu finden?
Erreichte ich nicht jenen Punkt, an dem ich mich bei mir selbst angekommen fühlte.
Wurde ich nicht zu der, die heute wie ein bunter Schmetterling durchs Leben tanzt?
Die Phasen meiner Verwandlung. Oder besser: Rückwandlung zu dem, was ich „davor“ war, bevor das Drehbuch meines Lebens einige Umwälzungen vorsah.
Tief in mir bin ich die, die ich immer war, heute bin und immer sein werde: ein feuriger Funken Lebensfreude – mein Lieblingsmantra 😊
Könnte ich glaubhaft abstreiten, dies erreicht zu haben, wenn ich heute tänzelnd durch einen Raum voller fremder Menschen schwebe, meiner eigenen inneren Melodie folgend und es mir piepschnurzegal ist, was andere dabei über mich denken.
Pure innere Freiheit.
Einfach nur ich sein.
Und dazu passt wunderbar diese tänzelnde Geschichte, die in meinem 5. Buch mit dem Titel „EMBRACE – Fühle die Umarmung des Lebens 2“ erschienen ist. Viel Freude beim Lesen.
Ein tanzender Schmetterling
Es war einmal ein kleines Mädchen, das inmitten seiner Familie ein behütetes Leben in einem Dorf am Lande führte. Die Kleine hatte alles, was sie brauchte und lebte frei von Sorgen. Wenn Musik erklang, liebte sie es, ihre Arme auszubreiten, sich in den Rhythmus der Melodie fallen zu lassen und wie ein in der Luft tanzender Schmetterling herumzuwirbeln, dabei ihre Augen zu schließen und einfach nur lebendig zu sein in diesem Augenblick der Unbeschwertheit. Ihr Lachen war im ganzen Haus und auch noch im Garten zu hören. Manche würden es pure Lebensfreude nennen, was die Kleine in diesen Momenten ausstrahlte.
Eines Tages fand in diesem Dort ein großes Fest statt. Nahezu alle Bewohner des Dorfes feierten gemeinsam von morgen an bis spät in die Nacht. Auch die Familie des kleinen Mädchens und alle ihre Verwandten nahmen daran teil. Die Kleine tobte ausgelassen herum. Bereits nach kurzer Zeit wirbelte sie gemeinsam mit einem kleinen Jungen durch das Festzelt, der etwas behäbig versuchte, es dem tanzenden Schmetterling gleichzutun. Die Verwandten des kleinen Mädchens und auch ihre eigene Familie amüsierten sich wortreich und lautstark über das unbändige Temperament der Kleinen, die plötzlich innehielt. Sie konnte nicht verstehen, warum all jene Menschen, die sie kannte, nun über sie lachten, sie gar verspotteten. War es denn nicht in Ordnung, seine Freude zu zeigen? Was hatte sie falsch gemacht? Sie schämte sich, auch wenn sie nicht genau wusste, wofür. Es tat weh, ausgelacht zu werden. Tränen fühlten die Augen der Kleinen. Ein brennender Schmerz bohrte sich tief in ihr junges Herz und sie schwor sich, dass niemand sie jemals wieder tanzen sehen würde. Nie wieder wollte sie diese Schmach über sich ergehen lassen, nie wieder sich verletzt fühlen, nie wieder ihre Gefühle jenen zeigen, die darüber spotteten.
Von diesem Tag an verwandelte sich die Welt der Kleinen. Über all die bunten Farben, die sie zuvor wahrnehmen konnte, legte sich ein diffuser grauer Schleier, wie ein Nebel, der selbst im Licht der Sonne nicht weichen wollte. Ihre Welt wurde stumpf, fahl, freudlos.
Die Jahre vergingen. Das kleine Mädchen wurde erwachsen und blieb seinem Schwur treu. Nie wieder sah jemand sie tanzen. Ihre Familie war längst nicht mehr rund um sie, doch sie hatte das Vertrauen in jegliche Menschen verloren. Selbst wenn die Musik ihre Füße verführen und auf das Parkett locken wollte, widerstand sie dem Drang, unterdrückte den Wunsch, blieb in ihrer starren Haltung. Zu groß war die Angst vor neuerlich Schmähung, zu präsent die Erinnerung an den Spott und der Schmerz, der damit einherging. Ihre Welt war noch immer stumpf, fahl, freudlos.
An einem sonnigen Tag im Frühsommer spazierte die nunmehr junge Frau durch einen Park. Rund um sie waren unzählige Blumen und Bäume, die allesamt farblos auf sie wirkten, viele Schattierungen von grau, kein Vergleich zu den Farben, die sie als kleines Kind wahrnehmen konnte, damals, davor …
Seufzend setzte sie sich auf eine hölzerne Parkbank. Sie wusste, was sie aufgegeben hatte, was sie tief in sich unterdrückte, doch die Furcht vor neuerlichem Schmerz in ihr war groß, so groß, dass selbst der Schmerz, der durch diese Unterdrückung hervorgerufen wurde, ihr dagegen gering erschien. So saß sie da, in Gedanken versunken, einsam in ihrem Herzen, als ein kleiner bunter Schmetterling sich auf ihrer Hand niederließ. Langsam klappte er seine Flügel auf und zu. Die junge Frau betrachtete schweigend die farbigen Schuppen auf seinen fragilen Flügeln, die prächtig im Sonnenlicht schimmerten. Eine Erinnerung kehrte zurück, ein Gefühl erfasste sie, als eine leise Stimme an ihr Ohr drang:
„Worauf wartest du noch? Tanz mit mir!“
Mit erschrockenem Blick sah sich die junge Frau um, doch niemand war in ihrer Nähe. Erst in einiger Entfernung hatten sich ein paar junge Leute auf einer Decke im Gras niedergelassen, andere auf Parkbänken oder manche spazierten ihrer Wege. Niemand war ihr nahe genug, um diese Worte zu sprechen, niemand außer … einem kleinen bunten Schmetterling?
„Tanz mit mir!“
Wieder hörte sie die Stimme, doch kamen die Worte wirklich von außerhalb? Oder aus ihrem Herzen?
Der Schmetterling flatterte hoch, flog nur ein Stück voraus und schien dann zu warten. Zögernd erhob sich die junge Frau von der Parkbank, ging ein paar Schritte über das gräulich wirkende Gras. Ihr Herz schlug aufgeregt. In sich spürte sie einen Impuls, einen unbändigen Drang, etwas, das sie schon sehr lange nicht mehr verspürt hatte. Angst schnürte ihr den Hals zu. Sie schloss ihre Augen und drückte die Tränen zurück. Sie hatte es sich geschworen: nie wieder! Doch ihre Füße wurden unruhig. Ihr Atem wurde heftiger. Sie presste die Lippen aufeinander.
„Lass uns tanzen. Komm!“
Verdammt, dachte sie bei sich, was soll das? Während sie bereits die Schuhe von ihren Füßen streifte, schüttelte sie immer noch den Kopf über sich selbst. Was würden sich alle die Menschen rundum denken?
„Vergiss die Menschen. Wenn du tanzen willst, dann tanze.“
Unter ihren Zehen konnte sie das von der Sonne erwärmte trockene Gras spüren, das an manchen Stellen leicht pikste. Wie vertraut, wie in ihrer Kindheit …
In der sanften Brise, die ihr Haar erfasste, schwang eine Melodie mit. Ihre Füße wurden unruhiger. Sie konnte sie kaum noch im Zaum halten. Nie wieder will ich sehen müssen, wie jemand mich auslacht oder verspottet, sagte sie zu sich selbst.
„Dann schließ deine Augen. Blick nicht mit deinen Augen nach außen auf die anderen. Blick mit deinem Herzen nach innen, zu dir und dem, was in dir ist.“
Mit einem tiefen Atemzug schloss die junge Frau ihre Augen, verharrte einige Zeit, fühlte die Sonne, auf ihren Kopf und ihren Schultern, die sanfte Wärme, die sich wie ein flauschiges Tuch um sie legte. Sie fühlte den Wind, der mit ihren Haaren spielte. Sie fühlte das vertraute Gras unter sich, den Rücken von Mutter Erde, an den sie sich immer anlehnte konnte. Der Duft von Jasmin strömte von den Sträuchern am Rande der Wiese bis zu ihr, als die junge Frau ganz langsam ihre Arme ausbreitete, mit jedem Atemzug höher und weiter. Sie legte ihren Kopf in den Nacken, überließ ihre Haare dem Wind und sich selbst der Melodie, die aus ihrem Herzen heraus durch sie hindurch in diese Welt strömte, schenkte ihren Füßen jene Freiheit, die sie ihnen so lange verwehrt hatte: sie begann zu tanzen, zu lachen, zu leben – und aus ihrem Herzen entsprang wieder jenes Gefühl, welches manche wohl pure Lebensfreude nennen würden.
Schließlich öffnete die junge Frau ihre Augen und staunte, denn um sie erstrahlte die Welt wieder in jenen Farben, die längst nur mehr eine Erinnerung aus weit entfernten Kindheitstagen gewesen waren. Blüten bunter als jeder Malkasten sie erschaffen könnte. Leuchtendes Grün unter ihren Füßen und ein strahlend blauer Himmel über ihr. Der Nebel war verschwunden. Nur manche Menschen wirkten noch grau und fahl, doch das lag wohl an dem, was sie in ihren Herzen trugen. Für die junge Frau war die Welt wieder zu jener geworden, die sie zuvor gewesen war, unbeschwert, voller Leichtigkeit und Lebensfreude.
Wenn Du demnächst in den Park gehst, wird Dir vielleicht eine junge Frau begegnen, die barfuß im grünen Gras tanzt zu jener Melodie, die sie in ihrem Herzen hört und die von Lebensfreude kündigt. Vielleicht wirst Du auch selbst diese Frau sein, wer weiß?
© Lesley B. Strong 2021
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