WÜRDEVOLLE GEDANKEN

Was bedeutet es, anderen Menschen mit Würde zu begegnen? Seit einigen Wochen befasse ich mich mit diesem Thema. Die letzten Tage lehrten mich, wie schmerzhaft das Gegenteil sein kann.

„Würde“ ist ein Begriff, der etwas angestaubt klingt. Würdenträger … darunter stelle ich mir gerne honorige Personen vor, die aufgrund ihrer Verdienste eine Medaille umgehängt bekommen.

Es heißt, die „Würde“ des Menschen sei unantastbar. Jeder Mensch habe eine „Würde“ und sei darum wertvoll. Ich habe den Begriff „Würde“ gegoogelt und eine Unmenge an Informationen erhalten. Philosophie, Rechtsphilosophie, Rechtstheorie, Religion, … viele befassen sich mit diesem Begriff und seiner Bedeutung.

Mir geht es heute um die „würdevolle“ Behandlung seiner Mitmenschen. Ein Blick in die sozialen Medien genügt, um festzustellen, wie häufig in Beiträgen und Kommentaren die Würde anderer missachtet und verletzt wird. Manche Printmedien sind da nicht viel besser. Offenen Ohres durch die Welt zu schreiten, liefert die Bestätigung in Echtzeit. Vom würdelosen Gehabe im Straßenverkehr will ich gar nicht sprechen.

Einem anderen die Würde zu nehmen führt zwangsläufig dazu, selbst würdelos zu sein. Wobei nicht wenige ihre eigene Würde mit Füßen treten und zulassen, würdelos behandelt zu werden.

Hinter den Oberbegriff „würdevolles Handeln“ stelle ich Aspekte wie Wertschätzung, Achtung, Respekt, Toleranz, Selbstbestimmung und Verantwortung. Meine Recherche ergab noch einiges mehr, je nachdem, aus welcher Perspektive das Thema betrachtet wird. Mein Zugang ist – wie üblich – intuitiv und reflektierend.

Praktisch formuliert, bedeutet „würdevolles Handeln“ für mich, jedem Menschen mit Wertschätzung respektvoll zu begegnen, anerkennend, dass jeder Erwachsene für seine Entscheidung, die Konsequenzen daraus und in Folge für sein Schicksal selbst verantwortlich ist, jedem seine eigene Meinung zu belassen.

Es bedeutet aber auch, mich aus jenen Bereichen zurückzuziehen, in denen meine Würde verletzt wird, anstatt mich auf würdelose (Wort)Gefechte einzulassen. Im öffentlichen und beruflichen Bereich ganz gut umsetzbar, wird es im privaten, familiären Umfeld eine enorme Herausforderung.

In der Vergangenheit habe ich immer wieder (besser gesagt: viel zu oft) zugelassen, von einem geliebten Menschen würdelos behandelt zu werden, weil ich diesen Menschen nicht verletzen wollte durch meinen Rückzug. Stattdessen ließ ich zu, in meiner Würde verletzt und damit als Mensch entwertet zu werden.

Es ist gar nicht so leicht, auf seine eigene Würde zu achten. Denn es bedeutet mitunter, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen und sich von geliebten Menschen zurückzuziehen. Aber zu bleiben bedeutet, sich dem anderen als „Opfer“ zur Verfügung zu stellen. Letztendlich trägt dies auch dazu bei, den anderen in seinem würdelosen Verhaltensmuster zu bestätigen und zu bestärken. Eine fatale Wechselwirkung, bei der am Ende alle Beteiligten würdelos aussteigen.

Die Würde des Menschen ist unantastbar… ein sehr guter Vorsatz, doch Worte sind geduldig.

Es liegt an jeder und jedem von uns, was wir daraus machen.

Bild: pixabay.com

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