Manchen Fragen kann man sich nicht entziehen. Zumindest mir geht es so. Kann ich an das immanente Gute im Menschen glauben angesichts dessen, was Menschen in diesem Augenblick gar nicht so weit von hier anrichten? Spoiler: JA! Wie ich zu diesem JA komme, erläutere ich in meinen folgenden Gedankengängen:
Krieg ist etwas Entsetzliches.
Egal, was manche auch glauben, es gibt keine Gewinner. Jede Menge unschuldige Opfer. Einige wenige, die laut Krieg schreien – und sehr viele, die dem Ruf folgen und marschieren. Einer allein kann keinen Krieg führen, wenn andere nicht mitmachen.
Warum schreien die einen? Warum machen die anderen mit?
Aus Angst? Gier? Wut? Rache? Machtgelüste, Minderwertigkeit, … vermutlich lässt sich die Aufzählung noch lange weiterführen, aber mit ziemlicher Sicherheit werden sich weder Punkte wie Respekt, Toleranz, Wertschätzung, Vertrauen und dergleichen darunter finden.
Wer im Außen den Krieg sucht, trägt den Krieg längst in sich.
Deshalb ist es auch so schwierig, Kriege zu beenden. Frieden lässt sich nicht kaufen, nicht dauerhaft. Weder im Außen noch im Inneren eines Menschen.
Innerer Frieden bedeutet, sich der ursprünglichen menschlichen Instinkte des Kampfes bewusst zu sein, den aggressiven Emotionen zuzustimmen, doch sich nicht von ihnen bestimmen zu lassen. Angst oder Wut zu negieren, halte ich für zutiefst ungesund. JEDE menschliche Emotion erfüllt einen Zweck, hat ihre „guten“ und „schlechten“ Seiten. Einige davon aus sich herauszuschneiden, führt nur zur emotionalen Selbstverstümmelung.
Was jedoch möglich ist und auch das Ziel einer bewussten, achtsamen Lebensführung sein sollte, ist das Reflektieren der eigenen Emotionen und situationsbezogen das Transformieren. Vereinfacht gesagt: Auch wenn mich jemand wütend macht, muss ich dieser Person nicht die Zähne einschlagen.
Krieg, Konflikt, Konfrontation … dahinter steht das Muster „wir gegen die anderen“. Ein weitverbreitetes Muster. Um es zu erkennen, braucht es nicht den Blick in Kriegsgebiete. Es genügt sich umzuschauen. Über Jahrzehnte wurde Konkurrenzdenken und Ellbogenmentalität in unserer Gesellschaft kultiviert. Rücksichtlosigkeit im Straßenverkehr – der Krieg des kleinen Menschen, mitunter mit tödlichen Folgen.
Solange der weitaus überwiegende Teil einer globalen Gesellschaft unreflektiert und achtlos durch den Alltag stolpert, ist die Menschheit weit entfernt von nachhaltigem Frieden.
Solange die Menschen den Krieg in sich tragen, nicht im inneren Frieden angekommen sind und Kooperation über kleinliches Ego-Geplänkel stellt, wird es immer wieder zu Konflikten kommen, die mal mehr, mal weniger eskalieren.
Krieg ist auch eine effektive Ablenkung von den existenziellen Problemen, welche die Spezies Mensch nur gemeinsam und global lösen kann. Weder ein Mensch noch ein Land oder Kontingent kann das allein tun. Wir haben ein Paradies in eine Müllhalde verwandelt. Doch anstatt sich um diese Herausforderung zu kümmern, rasseln manche der Mächtigen mit den Säbeln und tragen ihren inneren Krieg in die Welt hinaus.
Das macht mich traurig – und wütend. Aber ich lasse nicht zu, dass diese Wut mich bestimmt. Denn Wut gebiert wiederum Wut. Wut ist gut für den Kampf, doch Wut umarmt nicht, gibt keinen Halt, keine Geborgenheit, keinen Frieden.
Wir dürfen nicht zulassen, dass die verabscheuenswürdigen Handlungen anderer den Krieg in uns hineintragen, in unser Denken und Fühlen.
Wer den Krieg (in sich) beenden will, muss dem Frieden (in sich) zustimmen. Umarmen, was da ist und den Weg der Kooperation einschlagen. Gemeinsam an Lösungen arbeiten. In den Unterschieden das Gemeinsame erkennen, das Verbindende vor das Trennende reihen. Im Denken und im Handeln.
Wenn die Menschheit geschlossen diesen Weg einschlägt, dann werden alle Kriege enden.
JA, ich glaube an das Gute im Menschen.
Wenn ich zu diesen Gedankengängen fähig bin – und ich bin nur ein Mensch wie jeder andere auch – dann sind es auch andere. Die Veränderung einer Gesellschaft geschieht nicht von oben herab befohlen, sondern von innen heraus durch Umdenken. Achtsamkeit hilft dabei, in Zeiten wie diesen den Glauben an das Gute und die Hoffnung zu bewahren.
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