Meine Tricks im Alltag: Nr. 1 – Die Reboot Playlist oder The Sound of Music (Therapy)

Manchmal wache ich morgens auf und bin völlig neben der Rolle – grundlos. Manchmal zerren die Ereignisse des Tages an meiner Balance und drohen mich zu kippen. Manchmal werden Menschen und ihre Emotionalität für mich einfach unerträglich. Für solche Fälle habe ich meine Reboot Playlist. Die ist eigentlich „zufällig“ entstanden.

Als ich 2017 zu schreiben begann, war Musik fixer Bestandteil meines Kreativ-Settings. Ab aufs Eisbärenfell (kein echtes!), Laptop auf die Beine, Stöpsel in die Ohren und ein Album von Enya ausgewählt – schon ging’s los. Im Laufe der Zeit kamen andere Songs und Stilrichtungen dazu. Ich legte eigene Playlists an, je nach Stimmung, die gerade in der Geschichte vorherrschte. Einige Titel bettete ich sogar in die Handlung ein. Beim Überarbeiten und Korrekturlesen hörte ich stets die passende Musik. Und irgendwann fiel mir auf, dass es genügte, den Sound irgendwo zufällig zu hören, und die entsprechende Stimmung jener Szene in mir wachzurufen.

Okay, ja, natürlich weiß ich, was ein auditiver Anker ist. Ich habe einiges in meinem Leben gemacht, darunter auch NLP-Ausbildungen. Ironischerweise habe ich nie versucht, bewusst damit mein Borderline zu beeinflussen. Aber nachdem es sich so ergeben hatte und wunderbar funktionierte, kreierte ich einige Playlists für mich, darunter eben „Reboot“, um mein System neu hochzufahren. Oder anders gesagt: um mich wieder an mich selbst anzudocken, mich zu re-connecten, mich in dem Wirbel von Emotionen und Eindrücken selbst wiederzufinden, denn manchmal kann ich schlichtweg nicht mehr unterscheiden, was die vorherrschende Stimmung in meinem Umfeld ist und was meine Eigene. Wenn ich mich also (in der Dunkelheit) zu verlieren drohe, lenke ich den Fokus zurück auf mich selbst. Das bedeutet im Klartext: Rückzug (und wenn es nur die Ohrstöpsel sind) und los geht’s.

Reboot startet mit einer Piano-Version von Careless Whisper. Die kommt mehrmals in Band 2 von JAN/A vor und weckt Erinnerungen, die mich innerhalb von 60 Sekunden zum Schmunzeln bringen und all das Schwere einfach so hinwegfegen.

Darauf folgt der Song, der mich in wahrsten Sinn des Wortes vibrieren lässt: Unbreakable von Two Steps from Hell. Dazu habe ich sogar eine Choreografie, um die Wirkung noch zu verstärken. Es gibt ein paar Stellen, die breite ich meine Schwingen (oder Arme) aus und blicke in den Himmel – und fühle die Energie durch meinen Körper pulsieren. Egal, wie düster die Welt vorher war, der Adler in mir erhebt sich über all das hinaus und hoch hinauf in den Himmel.

Der Rest der Playlist ist dann eigentlich schon dem Genuss gewidmet.

Simpel, aber effektiv. Die Kombination von auditivem und kinästhetischen Anker, also Musik und Bewegung, beides Teile einer Fantasie, die ich bis in kleineste Details visualisieren und in mir fühlen kann. Umgangssprachlich behaupte ich mal: das fetzt!

Ich nehme weder Drogen noch Psychopharmaka. Ich habe die Kunst der Visualisierung kultiviert und verwende sie, um mich selbst in die von mir gewünschte Richtung zu schubsen.  Es funktioniert. Es macht Spaß. Es kostet am Anfang etwas Zeit und Ausdauer, um die gewünschte Routine-Reaktion zu erzeugen, doch es lohnt sich. Die Reboot Playlist ist einer meiner Tricks, um die sechsköpfige Quadriga auf Kurs zu halten.

Das wichtigste dabei: es geht nicht darum, stets auf Knopfdruck zu funktionieren. Das wäre der falsche Ansatz. Für mich geht es darum, eigenständig wieder aus dem Tief heraus zu kommen um anschließend für mich herauszufinden, ob es unter die Rubrik „kann mal vorkommen“ oder „da brodelt was gröberes im Untergrund“ einzuordnen ist. Entsprechende Schritte folgen.

Wir sind alle keine Maschinen. Wir sind Menschen. Wir sind vielfältig – wie unsere Gefühlswelt. Es gibt für alles eine Zeit: für Freude, Spaß, Zufriedenheit, … ebenso wie für Traurigkeit, Wut, Schmerz… Es ist eine Illusion zu glauben, wir könnten etwas davon aus unserem Leben verbannen. Sie alle gehören zu uns, aber wir sollten keiner von ihnen ausgeliefert sein – am wenigsten der Dunkelheit. Insofern ist es hilfreich einen Schalter zu haben, der auf Knopfdruck das Licht zurückkehren lässt.